Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfeilstücker, Suse
Das Wesen der Plastik — Führer zur Kunst, Band 20: Esslingen a.N.: Paul Neff Verlag (Max Schreiber), 1922

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.67363#0022
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Der Inhalt der Plastik.
Was mag denn nun die Plastik — die Rundplastik sowohl
wie das Relief — zum Vorwurf für ihre Darstellungen nehmen?
Ist ihr Gebiet dasselbe wie das der ihr verwandten Malerei?
Unterschied zwischen Malerei und Plastik.
Betrachten wir einmal prüfend ein Gemälde und eine
Skulptur, die den gleichen Vorgang erzählen, etwa Hans
Leonhard Schäufeleins „Kruzifixus“ (Abb. 6) und „Christus am
Kreuz“ von Veit Stoß (Abb. 7). Hier wie dort stellt uns der
Künstler den leidenden Gottesknecht, die menschliche Ge-
stalt, vor Augen. Schäufeleins Johannes der Täufer und König
David fehlen zwar bei Veit Stoß; doch das ist unwesentlich,
denn es gibt auch plastische Kreuzigungsgruppen, auf denen
des Heilands trauernde Freunde zu Füßen des Kreuzes weinen
und beten. Was Schäufeleins Gemälde aber das Gepräge gibt,
ist die großzügig nachempfundene Landschaft: die grüne
Rasenflur der Kreuzigungsstätte im Vordergrund, die steilen
Felsenmassen, die feingezackten Bäume und das schimmernde
Wasser im Hintergrund, alles überwölbt von einem düster
dräuenden Wolkenhimmel. Von all diesen stimmungsvollen
Naturschönheiten finden wir nichts bei dem plastischen Werk,’
nicht das geringste Sträuchlein noch den kleinsten Felsen.
Und mit Recht: die Plastik stellt den Menschen dar,
sie muß ihn aber von den Dingen der Umwelt los-
lösen. Der schönste Dom, der kühnste Berghang, das fein-
 
Annotationen