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Kunstsalon Pisko [Hrsg.]
Sammlungen Eugen Felix †, Franz Dinstl † (II. Teil) und aus Wiener Privatbesitz: Auktions-Katalog; Versteigerung im Salon Pisko, Montag den 4. Februar und die folgenden Tage — Wien, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.32827#0007
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VORWORT.

Den Hauptstock des vorliegenden Auktions-Kataloges bildet die nachgelassene Kunst-
sammhmg des verstorbenen Wiener Malers Eugen Fe/ix. Diesem wurden einzelne Stiicke
aus Wiener Privatsammlungen hinzugefügt, wodurch es möglich war, die Vente nach allen
Richtungen hin auszugestalten und abzurunden.

Die Meister des XIX. Jahrhunderts und zeitgenössische Maler sind in reicher
Zahl vertreten. Den Hauptanziehungspunkt dieser Gruppe bilden unstreitbar die vier
oblongen Riesengemälde F. G. Waldmüliers, die der noch jugendliche Künstler im Jaltre
1826 auf Bestellung; des Apothekers Josep Moser für dessen Apotheke «Zum goldenen
Löwen» in der Josefstadt gemalt hat. Auf den vier Tafeln sind zwei allegorische weibliclie
Figuren, Hygieia und Flora und zzvei Arzte des Altertums, Hippokrates und Claudius
Galenus dargestellt. Waldmiiller mag sich die künstlensche Eignung für diese in seinem
Schaffen einzig dastehende Leistung auf dem Gebiete der monumentalen Malerei auf seinen
in den Jahren 182/}.—1826 unternommenen Studienreisen nach Italien und Deutschland
(er kopierte u. a. in der Dresdener Galerie nach Correggioj erzvorben haben. Die groß-
zügige Auffassung der Figuren, die Abzvechslung in den Standmotiven und im Milieti,
die geschmackvolle Farbengebung legen Zeugnis ab von der frühen Meisterschaft des
Künstleis. Der vornehme Galerieton, den die Bilder durch den Hauch einer achtzigj'ährigen
Spanne Zeit bekommen haben, macht sie den Meisterwerken früherer Jahrhunderte ver-
gleichbar. Sie verdienten es, in einer öffentlichen Galene aujgestellt zu werden. Die poesie-
vollste der Figuren ist „Flora“, die mit einem leichten, hochgeschürzten, roten Kleide an-
getan, von alpigen Höhen zu Tal schreitet. Der frische Wind preßt ihr Gewand an die
jugendlichen Körperformen, so daß es sich um die knospenden Brüste strafft. Ihre Linke
trägt ein flaches Körbchen mit heilsamen Alpenblumen und Kräutern gefüllt, während ihre
Rechte einen Kranz aus roten Rosen hält. Es ist Flora im die Dienste der Heilkunst, die
Flora der saftigen Alpenwiesen, wo blaue Gentianen, duftende Alpennelken, gelber Finger-
hut, zartes Steinbrech und scharf riechender Speick blühen. Sie hat ihr blumengeschmücktes
anmutiges Köpfchen leicht gedreht und blickt ins Tal zu den Menschen himmter, denen
sie Heilkräuter bringt. Ihr Anblick erinnert uns an die lieblichen Mädchen des Bellini und
jungen Tizian, an die hl. Barbara des Palma vecchio. Waldmüller dürfte die Gestalten der
Primavera Botticellis gesehen haben und hat Böcklinsche Frühlingspoesie in diesem Bild
vorweggenommen. Reifer und voller ersclieint die Gestalt der „Hygieia“, die der Künstler
in einen tropischen Himmelsstricli versetzt hat, wo Palmen, Disteln und hartkantige Gräset
gedeihen, und neben unschiddigen Lazerten auch giftige Schlangen über den heißen Fels-
boden gleiten. Hygieia jedoch hat auch über die Giftschlangen Gewalt, deren eine in ihrer
Hand zahm aus einer bereitgehaltenen Muschel trinkt. — Hippokrates, der älteste
bekannte Arzt (er lebte im V. Jahrhundert v. Chr.), der es versuchte, eine Wissenschaft
der Heilkunde zu begriinden, steht vor einer Statue des Asklepios und macht, in scharjes
Nachdenken versunken, Aufzeichnungen auf einer Tafel. Er sotvohl wie Galen, ein Arzt
der Ptolemäerzeit, der vor allem das botanische Wissen pflegte, bewahren in ihren Stel-
lungen monumentale Einjachheit imd eine antiker Größe angemessene Ruhe und Würde.
Weitab von jeder akademischen Langweiligkeit hat Waldmüller in einer Zeit, die auj
diesem Gebiete Böses leistete, diese vier Gestalten lebenswahr und geistreich gestaltet. Die
Bilder wurden von den Zeitgenossen auch voll gewürdigt, was ein Aufsatz beweist, der
in der «Allgem. Theater-Ztg.» (Nr. ij2, vom 3. November 182j) unter dem Iitel «Neue
sehr geschmackvolle Verzierung der Apotheke «Zum goldenen Lözven» in der Josefstadt
Nr. ifJ2 erschienen ist und eine Beschreibung der genannten Bilder gibt.

In einer Zeit, die der Kunst Waldmüllers so viel Verständnis ^tnd Begeisterung
entgegenbringt, werden ctuch die drei authentisch beglaubigten Ulstudien des Künstlers, die
zum Verkauf gelangen, interessieren. Ein zweiter Wiener Maler, dessen Jugendschajjen
 
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