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Prinzhorn, Hans
Bildnerei der Geisteskranken: ein Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung — Berlin, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.11460#0392
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Vorgängen bei Geisteskranken näher zu kommen versuchte, die in enger Parallele mit der Denk-
weise der Primitiven stehen. Die entscheidenden Anregungen zu solchen vergleichenden Studien
gehen freilich von Freud, Jung und ihren Anhängern aus, richten sich aber nicht auf bildnerische
Gestaltung, sondern auf die Verwandtschaft heutiger individualpsychologisch wichtiger Seelen-
vorgänge mit der Symbolik in Mythos, Märchen, Ritus und Volksbrauch. Wir kommen auf
dieses Problemgebiet, das wir aus mehreren Gründen in diesem Buche meiden, obwohl wir es
mehrmals streifen werden, an einer anderen Stelle nochmals zurück (vgl. Anm. 31).

4) S. 4. Die Sammlung Lombrosos ist an das Istituto di Mediana legale der Universität Turin
übergegangen, dessen Direktor Prof. Carrara die Heidelberger Sammlung durch Stiftung von
Photographien und Publikationen zu Dank verpflichtet hat.

5) S. 4. Dem Direktor der Klinik Prof. Wilmanns, mit dem gemeinsam der Verf. die Bilder-
sammlung errichtet und ausgebaut hat, gebührt auch an dem Zustandekommen dieses Buches
ein erhebliches Verdienst. Hat er doch durch Entlastung von der klinischen Arbeit und fast un-
beschränkte Beurlaubung zu Arbeitszwecken erst die Möglichkeit zu den ausgedehnten Reisen
und Studien gegeben, die erforderlich waren. Nicht weniger sind wir den Kollegen zu Dank
verpflichtet, die sich nicht sträubten, die Mehrbelastung mit klinischer Arbeit durch Monate auf
sich zu nehmen. Mögen sie von dem Resultat ihres Opfers nicht zu sehr enttäuscht sein.

Vielleicht ist es gut, die Geschichte der „Bildersammlung der Psychiatrischen Klinik Heidelberg"
hier kurz niederzulegen. Als Verf., aus dem Felde zurückkehrend, im Winter 1918/19 in die Klinik
eintrat, hatte Prof. Wilmanns bereits einige Zeichnungen Geisteskranker aus der Klinik bereit-
gelegt und bot sie zur Bearbeitung an. Es waren mehrere Hefte und Einzelblätter, die man schon
länger aus den Krankengeschichten entnommen und nach Diagnosen geordnet, mit Schriftproben
zusammen in der Lehrmittelsammlung aufbewahrt hatte. Der Plan, dies Material einmal zu be-
arbeiten, war zumal von Prof. Wilmanns wiederholt erwogen worden. Verf., der bei der ersten
Besprechung 1917 schon betont hatte, daß ihn m erster Linie das Grenzgebiet zwischen Psycho-
pathologie und künstlerischer Gestaltung fessele, lehnte den Vorschlag zuerst ab, weil das Material
zu knapp und belanglos sei, gab aber dann brieflich zu erwägen, ob man nicht von anderen Anstalten
so viel Material bekommen könne, daß die Arbeit sich verlohne. Darauf wurde zunächst an per-
sönlich bekannte Anstaltsleiter ein Rundschreiben gesandt, das sogleich überraschend guten Erfolg
hatte, indem einige der schönsten Fälle gestiftet wurden. Diese persönlichen Beziehungen des
Direktors ebneten auch weiterhin die Wege. Nachdem Verf. seinen Plan, das ganze Gebiet auf
breitester Grundlage aufzurollen, gegen den ersten Plan durchgesetzt hatte, demzufolge verschiedene
Bearbeiter Einzelfälle mehr in klinisch-kasuistischer Form hätten publizieren sollen, widmete er
dem Ausbau des Unternehmens zwei Jahre hindurch den größten Teil seiner Tätigkeit. Auf Reisen
von Anstalt zu Anstalt wurde weitergesammelt, durch Vorträge und Aufsätze geworben, Privat-
mittel flüssig gemacht. Das vorhandene Material wurde, soweit es bei den knappen Mitteln
möglich war, durch Aufziehen und Einkleben in Passepartouts geschützt. Eine ausführliche
Katalogisierung auch nach formalen und inhaltlichen Sondergesichtspunkten, wurde durchgeführt,
die Anordnung der Bildwerke auf dem engen verfügbaren Raum geregelt so gut es ging. Alle diese
Dinge fanden verständnisvolle Unterstützung durch den Direktor. Allein verantwortlich ist Verf.
jedoch für die Problemstellung, besonders soweit sie vom Boden der Psychiatrie auf andere Gebiete
führt — also für alles, was in diesem Buche steht und in Vorträgen gesagt wurde.

23 Prinzhorn, Bildnerei der Geisteskranken.

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