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Zwischen dem Heu- und dem Adventswasser liegt eine ruhige Phase, die in trocke-
nen Jahren durch Niedrigwasser gekennzeichnet ist. Niedrigwasser kann es auch in
kalten Wintern im Januar und Februar geben. Wenn das Heuwasser durch ein trok-
kenes Frühjahr ausfällt, kommt es im August und September zu einer Dürrekata-
strophe mit extrem niederen Wasserständen. Dann trockneten die Brunnen aus und
am Alterswörth erschienen die Reste des kleinen römischen Kastells, deren Name
„Hungersteine" anzeigt, was die Bevölkerung dann zu fürchten hatte: nämlich einen
kargen und dürftigen Herbst und Hungersnot im Winter. Die Menschen waren in
den früheren Jahrhunderten in sehr viel größerem Maße von den Naturgewalten ab-
hängig als heute; heiße Sommer mit Trockenheit und Dürre brachten ebenso Miß-
ernten hervor wie übermäßige Regenfälle, die Überschwemmungen bewirkten und
das Getreide auf dem Halm verderben ließen. So verwundert es nicht, daß die Chro-
nisten ungewöhnliches Wetter ebenso sorgfältig vermerkten wie politische und mili-
tärische Ereignisse.14

Um aus der Fülle der berichteten Katastrophen einige herauszugreifen: 1573 und
1595 waren Hochwasserjahre. Zwischen 1580 und 1590 erfolgte der Durchbruch des
Seckenheimer Riedes oberhalb von Altrip. 1595/97 und 1605 gab es große Über-
schwemmungen. Eine Hausinschrift in Altrip besagte:

1608 - da war der Rhein ein Bach

1609 - da gab's einen neuen Rhein.

Diese Inschrift wird oft fälschlicherweise auf den Durchbruch des Seckenheimer
Riedes bezogen, der jedoch nach den Akten der pfälzischen Rheinbefahrung schon
vor 1590 geschehen sein muß.15

Auch im 18. Jahrhundert kam es fast alljährlich zu Hochwasserkatastrophen, was
durch die allgemein kühlere und feuchtere Witterung dieses Jahrhunderts zu erklä-
ren ist. Besondere Katastrophen jähre waren 1709 und 1711.1709 herrschte deshalb
große Hungersnot, die zu einer starken Auswanderung nach Amerika führte. In ei-
ner Seckenheimer zeitgenössischen Quelle lesen wir: Im Jahr 1709 ist ein so kalter
Winter gewesen, daß alle Nußbaum Erfrohren und alle Reben uff der Erd haben müs-
sen abgeschnitten werden, daß keine Trauben im Land gewachsen ist, daß auch die
Mehrster (meisten) Vögel, sambt viehlem Wild Erfrohren auch viele Menschen. Und
ist den 6. Mertz daß Eis angangen und hat ein so groß Gewesser geben, daß daß Was-
ser in Seckenheim, Ülvesheim, Feudenheim, Neckerauw alles im Wasser gestanden
bis unter die Decher. Dieselbe Quelle schreibt für das Jahr 1711: Ist daß Gewäßer
noch größer geworden und ist durch die Gärten und Felder bis nach Neckerau gelau-
fen (gemeint ist der Neckar, der wieder sein altes Bett nach Neckarau eingenommen
hatte). Und haben die Gewesser alle gezackerte Äcker den Grund weggenommen und
Kieß über geschüttet.

Für das Jahr 1740 heißt es: Die Kalt biß an den 10. Mertz gedauert und ist der Necker
als wie 1709 zu drey Mahlen zugegangen und haben die Kiefer (Küfer) in dem Mertz
zu Heydelberg ufdem Necker und zu Manheim ufdem Eiß ufdem Rhein neue Faß ge-
macht. Den 19. Mertz die Becker zu Heydelberg ufdem Eiß ufdem Necker gebacken
haben und ist man in Manheim biß den elften Mertz über den Rhein ufdem Eiß gefah-
ren, und hat auch keine Schlehenheck geblühet bis in 16. May. Und weilen alles so spät
ist außgangen, so ist fast nichts zeitig (reif) worden und ist aller Wein, sambt dem Obst
in den Bergen verfrohren. Waß aber die Feldfrüchte anbelangt, so hat es nicht viel
Stro, aber doch ziemlich Früchte gegeben, aber ein naßer kalter Sommer, daß auch die
Früchte sehr naß sind eingeerndet worden und viel Früchte sind ausgewachsen; daß
die Malter Korn ist kommen uf sechs Gulden.

1766 im Herbst ist daß Wasser so klein gewesen, daß die Mühlen auf dem Näcker ge-
gen Martini nicht mehr haben können mahlen und allen Kleinbäche fast nicht mehr da
waren, und sind viele Brunnen ausgedrücknet. 1758 ist der Rein so groß gewesen, daß

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