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Aufforstungen und Auslichtungen entworfen, deren Ausführung die Zeit bis zum
Ersten Weltkrieg in Anspruch nahm. Am „Stern" entstand ein Restaurant und auch
eine Filiale an der Silberpappel. Seit 1905 heißt der ehemalige Neckarauer Wald
Waldpark.

Ein besonderes Schmuckstück des Neckarauer Waldes war die Silberpappel, die von
den alten Neckarauern nur „die grouß Asp" genannt wurde. Sie war etwa 250 Jahre
alt, hatte eine gewaltige Höhe und einen mächtigen Umfang. Im Jahre 1929 fiel die-
ser Baum dem starken Frost jenes Winters zum Opfer. Man versuchte mit allen Mit-
teln, dieses Naturdenkmal zu erhalten. Diese konnten den Tod des alten Baumes
nur wenig hinauszögern. 1936 war die Silberpappel nur noch ein Torso und mußte
gefällt werden.81

Der heutige Waldpark jedoch besteht nur zu einem Teil aus dem ehemaligen
Neckarauer Gemeindewald. Die zweite Hälfte, die heutige Reißinsel vor allem, be-
steht aus dem ehemaligen kurfürstlichen Rheininseln. Deren Schicksal soll noch nä-
her betrachtet werden. Am 6. Juni 1770 belehnte Kurfürst Karl Theodor seinen Mi-
nister, Freiherrn von Zedwitz, der in Mundenheim begütert war, mit den sechs
Rheininseln: dem Prinz-Karl-Wörth, dem Altriper Wörth, dem kleinen und dem
großen Bannwörth sowie dem kleinen und dem großen Kaiserwörth, zusammen mit
221 Morgen. In einem Gutachten über diese Inseln heißt es, sie seien mehrmals im
Jahr vom Rhein überschwemmt, folglich zu keiner anderen Kultur als zu Baum-
pflanzungen, und zwar nur solchen, welche das Wasser vertragen könnten, tauglich.
Darüber hinaus bestehe noch der dritte Teil dieser Wörthe aus bloßen Wasserla-
chen, welche nichts als unnützes Rohr hervorbrächten, und es sei zugleich der Natur
des Rheinstromes gemäß, daß er bald an diesem, bald an jenem Ort das feste Erd-
reich angreife und abspüle, wie es der Augenschein aller Inseln zeige.82 Freiherr von
Zedwitz, in dieser Hinsicht ganz der damaligen Zeitmode des Physiokratentums,
worunter die Begeisterung für die Landwirtschaft und Landeskultur zu verstehen
ist, verfallen, tat sehr viel für die Kultur seiner Inseln.

Nach seinem Tod am 23. Juli 1786 fielen die Rheininseln der Witwe des Verstorbe-
nen, der Gräfin von Zedwitz, zu zusammen mit dem Mundenheimer Hofgut. Durch
die Abtretung des linken Rheinufers in den kurz darauf ausbrechenden Revolu-
tionskriegen entstanden für die Zedwitz'schen Familiengüter sehr verworrene
Rechtsverhältnisse. Die Familie behielt lediglich die sechs Rheininseln, während sie
ihren linksrheinischen Besitz verlor. In den Jahren 1806/07 kam es zwischen der Fa-
milie von Zedwitz und dem Großherzogtum Baden zu Streitigkeiten, die dadurch
entstanden waren, daß die badische Regierung versucht hatte, der Gräfin von Zed-
witz die Erbansprüche zu bestreiten. Diese starb 1814; ihr Inselbesitz fiel an ihre ei-
gene Familie, von Herding. Die Herdings gehörten damals zu den reichsten und an-
gesehensten Familien in Mannheim. Sie bewohnten ein geräumiges Palais neben der
Nonnenkirche an der Breiten Straße in L 1,2.1850 starb der letzte männliche Sproß
der Familie von Herding, die Rheininseln fielen an eine überlebende Schwester,
eine Maria Magdalena Fürstin zu Ysenburg-Birstein. Die Fürstin Ysenburg war mit
der Großherzogin Stephanie, die damals im Mannheimer Schloß lebte, eng befreun-
det und galt als Freundin der Kunst und Wohltäterin der Armen; auch sie spielte im
gesellschaftlichen Leben Mannheims eine große Rolle. Sie starb 1859, und ihre Er-
bin war ihre einzige Tochter Caroline Franziska, die ihre Mutter nur um zwei Jahre
überlebte. Diese war verheiratet mit dem österreichischen Diplomaten Graf Karl
von Buol-Schauenstein und hinterließ wiederum zwei Töchter, die beide in den
österreichischen Adel heirateten und dadurch ihre Mannheimer Beziehungen und
auch die Rheininseln aufgaben.

1863 kaufte der Leutnant und spätere Rittmeister Graf Erich von Sparre-Cronen-
bach und Bettendorf die Rheininseln zum Preis von 60 000 Gulden. Diese Inseln

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