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sich die Herrschaft der Alamannen noch einmal aus, und zwar tief in die Alpentäler
hinein. Ebenso eroberten sie Teile Burgunds und das obere Moseltal.
Gegen Ende des fünften Jahrhunderts jedoch erwuchs der Vorherrschaft der Ala-
mannen eine wachsende Gefahr aus dem unteren Rheinland in dem Großvolk der
Franken. Diese sind ein Zusammenschluß nordwestgermanischer Stämme und wer-
den 260 zum ersten Mal erwähnt. Ihr Name bedeutet die von römischen Abgaben
Freien oder die Kühnen (vergl. das Wortpaar „frank und frei"). In diesem Zusam-
menschluß von Stämmen, die ursprünglich östlich des Mittel- und Niederrheins leb-
ten, entstand der größte und bedeutendste der späteren deutschen Volksstämme,
dessen dauernde Leistung die Schaffung des neuen mittelalterlichen Europas ist, das
in ihrem Reich Dauer gewann. Die Franken überschritten in zwei Hauptgruppen,
den Saliern und Ripuariern, bereits im Jahr 306 den Rhein und eroberten fast die
ganze Provinz Belgica. Zwischen Scheide und Rhein saßen die Salier, zwischen
Rhein, Mosel und Maas die Ripuarier, während der dritte Teil des Frankenvolkes,
nämlich die Chatten, (Hessen) östlich des Rheins geblieben war und nach Süden bis
zum Main vordrang.

In König Chlodwig (482-511) aus dem Geschlecht der Merowinger stellten die sali-
schen Franken die mächtigste Herrscherpersönlichkeit der Völkerwanderungszeit.
Er vereinigte das ganze Volk unter seiner Herrschaft, nachdem er alle anderen Teil-
könige beseitigt hatte, und eroberte nach Siegen über die Römer (486), die Burgun-
der (493) und die Westgoten (507) ganz Gallien. 496 besiegte er die Alamannen und
zwang sie, nicht nur seine Oberherrschaft anzuerkennen, sondern auch ihren Sied-
lungsbereich nördlich des Hagenauer Forsts und der Murg sowie das ganze Mainge-
biet den landhungrigen Franken zu öffnen. Seitdem schoben sich die Franken neben
und über die Alamannen auch in unsere engere Heimat herein. Auch dabei wurden
weder die noch ansässigen Walhen oder Romanen -vor allem im Moselbereich, wie
die zahlreichen auf das Lateinische zurückgehenden Ortsnamen dort noch heute be-
zeugen - noch die Masse der Alamannen vertrieben, sondern allmählich assimiliert.
Die Nachfolger Chlodwigs aus dem Geschlecht der Merowinger stabilisierten das
Frankenreich, dehnten es nach Osten aus und schlössen die Thüringer (531) und die
Baiern (um 590) in loser Form an. Im siebten und achten Jahrhundert jedoch verfiel
allmählich die Macht des merowingischen Königshauses. Aus der Gruppe des hohen
ripuarischen Adels erlangte mit Pippin dem Älteren (f 639), einem Stammvater der
Karolinger, dieses Geschlecht die einflußreiche Hausmeierwürde. Die Hausmeier,
ursprünglich Chefs der königlichen Hofhaltung, hatten damals bereits die volle Re-
gierungsgewalt anstelle der Könige übernommen, die nur noch repräsentative und
sakrale Funktionen hatten. Bereits Pippin der Mittlere faßte im Jahre 687 die Haus-
meierwürden aller merowingischen Teilreiche zusammen; sein Sohn Karl Martell
verteidigte in der Schlacht bei Tours und Poitiers im Jahre 732 das Reich siegreich
gegen die Araber. Dessen Sohn Pippin der Jüngere (f 768) setzte schließlich 751 den
letzten schwachen Merowingerkönig Childerich III. ab und krönte sich mit päpstli-
cher Zustimmung zum Frankenkönig.

Unter Karl dem Großen (768-814) erreichte das Frankenreich seine größte Ausdeh-
nung und Macht. Karl der Große eroberte das langobardische Italien und krönte
sich mit der eisernen Krone in Pavia zum König der Langobarden (774), unterwarf
in einem 30 Jahre dauernden Krieg die Sachsen zwischen Rhein, Elbe und Eider
(773-803) und besiegte die Westslawen zwischen Elbe und Oder ebenso wie die Ara-
ber südlich der Pyrenäen. Am Weihnachtstag 800 wurde er in Rom von Papst Leo
HI. zum Römischen Kaiser gekrönt, womit er gegenüber dem noch bestehenden
Oströmischen Reich in Byzanz/Konstantinopel die bereits 476 erloschene weströmi-
sche Kaiserwürde erneuerte. Seitdem gewann die Idee des Römischen Kaisertums
auch in Westeuropa wieder Lebenskraft und verband sich im zehnten Jahrhundert

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