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Boote lagen; denn die Vennenfischerei betrieb das Kloster mit hörigen Fischern von
Altrip aus.

Nun muß auch noch Altrip genauer betrachtet werden. Altrip war ein Priorat, also
ein unselbständiges Filialkloster der Abtei Prüm, das im spätrömischen großen Ka-
stell untergebracht war. Wenn es hoch kommt, war es von zwölf bis 20 Mönchen be-
wohnt - zwölf Mönche bilden die Mindestzahl nach der Benediktinerregel. Die
Mönche standen unter der Leitung ihres Priors und waren wohl wenige Geistliche
(patres), in der Mehrzahl aber ungeweihte Brüder (fratres), denen nach der Bene-
diktinerregel die Klosterwirtschaft oblag. Dazu kamen vielleicht noch einige Hörige
als Klosterknechte, wenn man sich nicht zu gewissen regelmäßig wiederkehrenden
Arbeiten mit der Abordnung von Hörigen aus den Gütern begnügte. So hatte Dien-
heim Leute zu schicken, um die Klosterwiesen in Altrip zu mähen und einzufahren
und Getreide zu ernten, ebenso Rheingönheim. Beide Ortschaften hatten z. B.
auch Schindeln für Dächer und Pfähle für die Vennenfischerei nach Altrip zu lie-
fern.134 Von den Neckarauern haben wir oben gehört, daß sie mahlen, Brot backen,
Bier brauen, Schweine und Hühner schlachten und Leinwand weben mußten. Die
einzige Gruppe von Hörigen, die wohl beim oder im Kloster (Kastell) in Altrip zu-
sammen mit den Mönchen lebte und zur Familia des Klosters gehörte, waren die Fi-
scher. Dadurch erfährt übrigens die später so auffällige Tatsache, daß nämlich nur
und ausschließlich Altrip Fischerdorf ist und nicht Neckarau, Rheingönheim oder
Mundenheim, eine recht plausible und weit zurückreichende Begründung.
In Altrip gab es also damals außer dem Kloster nichts. Es gab kein Dorf, keine Pfar-
rei und erst recht keine Pfarrkirche, wie auch das spätere spurlose Verschwinden des
Medarduspatroziniums in Altrip zeigt, das schon Caesarius von Heisterbach im Jah-
re 1222 in seinem Kommentar zum Prümer Urbar nicht mehr vorfindet,135 wo er von
Altrip berichtet, es werde zwar hier oft erwähnt, sei aber längst verschwunden und in
anderem Besitz136 und sei in alten Zeiten eine Cella mit einer Medardus-Kirche und
von Prümer Mönchen besetzt gewesen. Nach der Benediktinerregel war eine Klo-
sterkirche - hier also die Medardus-Kirche in Altrip - für außenstehende
Laien, die nicht zur Familia des Klosters gehörten, unzugänglich. Ebenso hatte die
Synode von Paris 614 bestimmt, daß innerhalb von Klöstern weder getauft noch für
verstorbene Laien Messen gelesen noch deren Leichen beerdigt werden durften.
Darum hatten zum Beispiel die Klöster Weißenburg und Hornbach je eine Johan-
neskirche neben sich, die der Pfarrseelsorge diente; zu beiden gehörte seit alters der
Kirchhof.137

Daraus ergibt sich, daß die frühen Neckarauer weder die nicht vorhandene Pfarrkir-
che des noch nicht vorhandenen Dorfes Altrip noch die ihnen verbotene Klosterkir-
che des Medardusklosters Altrip besuchen konnten. Die für sie zuständige Tauf-,
Pfarr- und Begräbniskirche lag außerhalb des Klosters und rechts des Rheins in den
römischen Mauern des ehemaligen „Burgus", der auf der Stelle lag, die noch nach
Jahrhunderten „Johannkirchhof" hieß.

3.5. Die Dotierung und die Umsetzung der Neckarauer Kirche

Kaiser Ludwig der Fromme stellte zum Kirchenbau in Neckarau selbst eine Hofreite
mit einer Hufe zur Verfügung, die er wohl vom Fron-, Sal- oder Meierhof, der den
dreifachen Umfang einer normalen Hufe zu haben pflegte, abteilte. Da die Lage der
Kirche bekannt ist - es ist der Platz, auf dem noch heute die evangelische Matthäus-
Kirche steht -, wissen wir, wo der fränkische Fronhof lag. Das erklärt übrigens auch
die Lage des früheren Neckarauer Rathauses hart an der Kirche; denn der Sal- oder
Fronhof war j a auch der Verwaltungsmittelpunkt der 30 Litenhöf e, und dort blieb er

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