terstrichen wird; denn die Pfarreien des Wormser Bistums hatten in der Regel nur
eine zusätzliche Altarpfründe.
Im Visitationsjahr 1496 waren alle drei Pfründen besetzt. Die Inhaber hatten jeweils
ein Wohnhaus im Dorf, was ausdrücklich vermerkt wird. Doch darf man nicht an-
nehmen, daß für die damals rund 500 Neckarauer vier Geistliche zur Verfügung ge-
standen hätten; denn die Frühmesser der damaligen Zeit sind nicht mit den heutigen
Kaplänen oder Vikaren zu vergleichen. Im Gegenteil, es war ihnen oft verboten,
seelsorgerliche Aufgaben in einer Gemeinde zu übernehmen. Taufen, Beichte hö-
ren und die Spendung der Kommunion waren ebenso wie das Predigen das aus-
schließliche Recht des Pfarrers, der eifersüchtig darüber wachte, daß ihm keiner sei-
ne Rechte beschnitt. Das hatte im Fall der sogenannten Kasualien wie Beerdigungen
und Hochzeiten seinen Grund darin, daß sie mit festen Taxen, den sogenannten
Stolgebühren, belegt waren.
Die Frühmesser oder Altaristen durften nur die Messen lesen, die auf ihrem eigenen
Altar gestiftet waren. Diese Stiftungen - vor allem für das Seelenheil der Verstorbe-
nen - waren in der damaligen Zeit sehr beliebt, so daß dieser Frömmigkeitsübung
die spätmittelalterlichen Kirchen ihren reichen Schmuck an Altären verdanken. In
der damaligen Zeit drängten viele junge Leute in den geistlichen Stand und suchten,
nachdem sie zum Priester geweiht worden waren, solche Pfründen zu erlangen. Da
eine einzelne Pfründe zum Lebensunterhalt oft nicht ausreichte, kam es zur Pfrün-
denhäufung, ein Übel, das von den Reformkonzilien des 15. Jahrhunderts immer
wieder angeprangert und bekämpft wurde - meistens erfolglos. Die Wormser Diö-
zese machte dabei allerdings eine rühmliche Ausnahme. Unter ihren tüchtigen Bi-
schöfen, besonders dem berühmten Förderer des Humanismus Johann von Dalberg
(1482-1503), beachtete man die Vorschriften der Reformkonzilien, unter denen die
regelmäßig wiederkehrende Visitation der Pfarreien obenan stand. Der im WS vor-
liegende Bericht ist das Ergebnis einer solchen Visitation; und so ist es nicht verwun-
derlich, daß gewissenhaft vermerkt wird, daß jede Altarpfründe in Neckarau einen
Inhaber hat, also die verbotene Pfründenhäufung nicht vorkommt.
Die zwölf Kirchengeschworenen als Vertreter der Gemeinde sind mit den Schöffen
des Dorfgerichts identisch. Anläßlich der Visitation beschwert sich der Pfarrer über
sie, daß sie ihm nicht gehorchen. Was damit gemeint ist, kann man aus den Zeilen
entnehmen, in denen über den Empfang des bischöflichen Kommissars gehandelt
wird. Der Archidiakon oder der Dekan hatte das Recht auf einen feierlichen Emp-
fang, Verköstigung und Übernachtung für sich, sein Gefolge und die Reitpferde.
Aus Seckenheim wird berichtet, daß diese Kommissionen bis zu 13 Mitglieder um-
fassen konnten. In Neckarau scheint es hier Schwierigkeiten gegeben zu haben;
denn nur so ist der merkwürdige Satz zu verstehen, daß man den Kommissar zu emp-
fangen habe, wie es üblich sei. Der Einwand des Dorfgerichts, sie hätten bisher da-
für keine Kosten aufgebracht, wird barsch zurückgewiesen mit dem Satz: dann müß-
ten sie eben damit neu anfangen!244 Der Pfarrer, die Kapläne, die Kirchengeschwo-
renen und der Mesner hätten sie aufzubringen, der Mesner habe noch zusätzlich für
die Beleuchtung zwei Bündel Kerzen bereitzuhalten. Wie der Empfang und die Be-
wirtung der Kommission tatsächlich aussah, erfahren wir aus anderen Gemeinden:
gewöhnlich kam die Visitationskommission abends in das Dorf und wurde von der
Geistlichkeit, dem Schultheißen, den Kirchengeschworenen und der ganzen Ge-
meinde feierlich empfangen und in die Kirche geleitet. Der Glöckner oder Mesner
hatte inzwischen für Heizung, Beleuchtung und für die Bereitstellung der Betten zu
sorgen. Die Pferde mußten untergebracht und gefüttert werden. Nach dem Gottes-
dienst war ein Abendessen zu reichen. Am nächsten Tag wurden die Kirche, der
Kirchhof, die kirchlichen Geräte, die Kassen und ihre Buchführung geprüft und der
Pfarrer daraufhin befragt, ob er eine Konkubine habe. Zum Abschied war ein Fest-
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eine zusätzliche Altarpfründe.
Im Visitationsjahr 1496 waren alle drei Pfründen besetzt. Die Inhaber hatten jeweils
ein Wohnhaus im Dorf, was ausdrücklich vermerkt wird. Doch darf man nicht an-
nehmen, daß für die damals rund 500 Neckarauer vier Geistliche zur Verfügung ge-
standen hätten; denn die Frühmesser der damaligen Zeit sind nicht mit den heutigen
Kaplänen oder Vikaren zu vergleichen. Im Gegenteil, es war ihnen oft verboten,
seelsorgerliche Aufgaben in einer Gemeinde zu übernehmen. Taufen, Beichte hö-
ren und die Spendung der Kommunion waren ebenso wie das Predigen das aus-
schließliche Recht des Pfarrers, der eifersüchtig darüber wachte, daß ihm keiner sei-
ne Rechte beschnitt. Das hatte im Fall der sogenannten Kasualien wie Beerdigungen
und Hochzeiten seinen Grund darin, daß sie mit festen Taxen, den sogenannten
Stolgebühren, belegt waren.
Die Frühmesser oder Altaristen durften nur die Messen lesen, die auf ihrem eigenen
Altar gestiftet waren. Diese Stiftungen - vor allem für das Seelenheil der Verstorbe-
nen - waren in der damaligen Zeit sehr beliebt, so daß dieser Frömmigkeitsübung
die spätmittelalterlichen Kirchen ihren reichen Schmuck an Altären verdanken. In
der damaligen Zeit drängten viele junge Leute in den geistlichen Stand und suchten,
nachdem sie zum Priester geweiht worden waren, solche Pfründen zu erlangen. Da
eine einzelne Pfründe zum Lebensunterhalt oft nicht ausreichte, kam es zur Pfrün-
denhäufung, ein Übel, das von den Reformkonzilien des 15. Jahrhunderts immer
wieder angeprangert und bekämpft wurde - meistens erfolglos. Die Wormser Diö-
zese machte dabei allerdings eine rühmliche Ausnahme. Unter ihren tüchtigen Bi-
schöfen, besonders dem berühmten Förderer des Humanismus Johann von Dalberg
(1482-1503), beachtete man die Vorschriften der Reformkonzilien, unter denen die
regelmäßig wiederkehrende Visitation der Pfarreien obenan stand. Der im WS vor-
liegende Bericht ist das Ergebnis einer solchen Visitation; und so ist es nicht verwun-
derlich, daß gewissenhaft vermerkt wird, daß jede Altarpfründe in Neckarau einen
Inhaber hat, also die verbotene Pfründenhäufung nicht vorkommt.
Die zwölf Kirchengeschworenen als Vertreter der Gemeinde sind mit den Schöffen
des Dorfgerichts identisch. Anläßlich der Visitation beschwert sich der Pfarrer über
sie, daß sie ihm nicht gehorchen. Was damit gemeint ist, kann man aus den Zeilen
entnehmen, in denen über den Empfang des bischöflichen Kommissars gehandelt
wird. Der Archidiakon oder der Dekan hatte das Recht auf einen feierlichen Emp-
fang, Verköstigung und Übernachtung für sich, sein Gefolge und die Reitpferde.
Aus Seckenheim wird berichtet, daß diese Kommissionen bis zu 13 Mitglieder um-
fassen konnten. In Neckarau scheint es hier Schwierigkeiten gegeben zu haben;
denn nur so ist der merkwürdige Satz zu verstehen, daß man den Kommissar zu emp-
fangen habe, wie es üblich sei. Der Einwand des Dorfgerichts, sie hätten bisher da-
für keine Kosten aufgebracht, wird barsch zurückgewiesen mit dem Satz: dann müß-
ten sie eben damit neu anfangen!244 Der Pfarrer, die Kapläne, die Kirchengeschwo-
renen und der Mesner hätten sie aufzubringen, der Mesner habe noch zusätzlich für
die Beleuchtung zwei Bündel Kerzen bereitzuhalten. Wie der Empfang und die Be-
wirtung der Kommission tatsächlich aussah, erfahren wir aus anderen Gemeinden:
gewöhnlich kam die Visitationskommission abends in das Dorf und wurde von der
Geistlichkeit, dem Schultheißen, den Kirchengeschworenen und der ganzen Ge-
meinde feierlich empfangen und in die Kirche geleitet. Der Glöckner oder Mesner
hatte inzwischen für Heizung, Beleuchtung und für die Bereitstellung der Betten zu
sorgen. Die Pferde mußten untergebracht und gefüttert werden. Nach dem Gottes-
dienst war ein Abendessen zu reichen. Am nächsten Tag wurden die Kirche, der
Kirchhof, die kirchlichen Geräte, die Kassen und ihre Buchführung geprüft und der
Pfarrer daraufhin befragt, ob er eine Konkubine habe. Zum Abschied war ein Fest-
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