Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
düng zur katholischen Kirche festzustellen. 1526 wurde der fest am alten Glauben
hängende Speyerer Domprediger Groh in Heidelberg Hofkaplan; denn der Kurfürst
hielt die Lehren Luthers für die Ursache der revolutionären Unruhen des Ritter-
und vor allem des Bauernaufstandes. Aber auch die gemäßigten Beschlüsse des
Reichstages von Speyer 1526 und des Nürnberger Anstandes von 1532, die die Rege-
lung der Religionsfrage in die Hände der jeweiligen Landesherrn legten, zeigen sei-
ne Handschrift. Solange der Kaiser selbst im Religionsstreit den Weg des Ausglei-
ches suchte, was besonders für das Jahrzehnt zwischen 1531 und 1541 galt, war es ne-
ben Albrecht von Mainz immer Kurfürst Ludwig V., zu dem beide Seiten Vertrauen
hatten und der glaubwürdig vermitteln konnte.

Obwohl sein Bruder und Nachfolger Friedrich IL im Prinzip dieselbe Politik ver-
focht,'waren für diese die Zeitumstände weit ungünstiger geworden. In der religiö-
sen Frage standen die Zeichen auf Sturm. Der Kaiser war der endlosen Religionsge-
spräche müde; nachdem sich die Protestanten 1545 geweigert hatten, das auf des
Kaisers Betreiben endlich zustande gekommene allgemeine Konzil in Trient zu be-
schicken, begann er zu rüsten. Friedrich IL neigte dem Schmalkaldischen Bund der
evangelischen Reichsfürsten zu, ohne ihm allerdings förmlich beizutreten. Trotz-
dem genügte das, den Unwillen des Kaisers zu erregen und den Kurfürsten zu einer
demütigenden Vorsprache beim Kaiser zu veranlassen. Als Karl V. 1548 bei Mühl-
berg die Schmalkaldener vernichtend geschlagen und durch seine Machtvollkom-
menheit in Augsburg das Interim als religiösen Kompromiß, den alle Reichsstände
annehmen mußten, verkündet hatte, war Friedrich IL einer der ersten, die es annah-
men. Deutsche Messe und Laienkelch waren die einzigen Zugeständnisse, die von
den ursprünglichen hohen Zielen der Kirchenreform, wie sie einmal im Zentrum der
pfälzischen Politik gestanden hatten, übrig geblieben waren. Da Kurfürst Friedrich
IL kinderlos war und die Nachfolge seines von ihm ungeliebten Neffen, des Pfalzgra-
fen Ottheinrich, eines überzeugten Lutheraners, abzusehen war, lief in der Pfalz nun
alles auf die Einführung des Luthertums zu. Die reichsrechtliche Voraussetzung da-
für war der Augsburger Religionsfriede von 1555, in dem der Grundsatz: Wessen das
Land, dessen die Religion (Cuius regio, eius religio) für den Landesherrn - und nur
für diesen - die Freiheit einräumte, zwischen dem katholischen oder dem lutheri-
schen Bekenntnis zu wählen. Die Untertanen hatten sich der Entscheidung ihres
Landesherrn zu fügen.

1.2. Die Einführung des Luthertums unter Kurfürst Ottheinrich 1556-1559

Der neue Kurfürst Ottheinrich war schon lange überzeugter Anhänger Luthers. Er
hatte in seinem Fürstentum Pfalz-Neuburg 1552 die lutherische Reformation einge-
führt und zu diesem Zweck aus fähigen Theologen einen Kirchenrat gebildet, der in
regelmäßigen Visitationen Pfarrei für Pfarrei reformierte. Das war möglich, weil mit
dem Augsburger Religionsfrieden die Rechte der Bischöfe in ihren Diözesen zugun-
sten der jeweiligen Landesherrn aufgehoben worden waren. Für die Pfalz bedeutete
das, daß statt der Bischöfe von Speyer und Worms der neu errichtete lutherische
Kirchenrat in Heidelberg für alle pfälzischen Gebiete kirchlich zuständig wurde.
In seiner kurzen Regierungszeit beseitigte Ottheinrich die alte Kirche und machte
die Pfalz zu einem lutherischen Territorium. Die Reformation war längst keine
spontane Volksbewegung mehr, sondern eine zentral geplante und von kurfürstli-
chen Beamten durchgeführte Verwaltungsmaßnahme. Sie begann offiziell mit dem
Religionsedikt, das Ottheinrich am 16. 4. 1556 in Alzey für die ganze Pfalz erließ.
Darin wurde verordnet: „Die ohnverzugliche gebürliche christliche änderung und
Ordnung, der heiligen schüft und augspurgischen confession gemeß, furzunemen".x
Die pfälzische Kirche wurde als Landeskirche organisiert, an deren Spitze der Lan-

294
 
Annotationen