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in die Pfalz zurückzukehren und an die Spitze des dort verbliebenen Heeres zu tre-
ten, um wenigstens mit entschlossener Politik das angestammte Land und sein Haus
zu retten, überließ er die Pfalz sich selbst und lieferte sie so dem Zugriff Maximilians
aus. Er floh von Hof zu Hof und suchte überall eher Hilfe als bei sich selbst. Hatte
der erste Friedrich in der Schlacht bei Seckenheim die Pfalz in die erste Reihe der
deutschen Staaten geführt, so hatte der fünfte Friedrich in der Schlacht am Weißen
Berg die Pfalz verloren, ja ausgelöscht. Ihre Wiederherstellung 1648 unter seinem
Sohn hing von der Gnade der Sieger ab und war ein schwacher Abglanz der alten
Herrlichkeit. Die einzige positive Eigenschaft, die man diesem unfähigsten und un-
glücklichsten Kurfürsten der Pfalz zuschreiben kann, ist seine Arglosigkeit.
Nach der Eroberung Böhmens durch die Liga trat Ferdinand seine Herrschaft wie-
der an und rekatholisierte das ganze Land. Das Heer der Liga unter Tilly wurde ins
Reich gezogen und ging nun daran, die Pfalz selbst in Besitz zu nehmen. Über deren
Schicksal hatte man sich folgendermaßen geeinigt: Bayern erhielt die pfälzische
Kurwürde und die rechtsrheinische Pfalz mit der Hauptstadt Heidelberg, der links-
rheinische Teil wurde den Spaniern eingeräumt, die ihre Regierung in Frankenthal
einrichteten: Spanien hatte Entschädigung für seine militärische Unterstützung ge-
fordert. Kurmainz - ebenfalls Mitglied der Liga - forderte die an Friedrich den Sieg-
reichen 160 Jahre zuvor verpfändete Bergstraße zurück. Damit war das Schicksal
der Pfalz für die nächsten 30 Jahre vorgezeichnet: sie wurde als Beute unter den Sie-
gern geteilt und als hauptsächlicher Kriegsschauplatz immer wieder durchzogen und
verwüstet. Die wichtigsten Schlachten, Belagerungen und Durchzüge in der rechts-
rheinischen Pfalz sind im folgenden Kapitel dargestellt. Nicht berücksichtigt sind da-
bei die zahllosen Streifzüge der marodierenden herrenlosen Soldatenbanden und
die Unsicherheit, die von einzelnen Mördern, Wegelagerern und Schnapphähnen
ausging.

3.3. Die Kriegsereignisse in der Pfalz 1620-1648

1620: Die Spanier, aus den Niederlanden kommend, besetzen im Spätsommer 1620 Kreuznach, Alzey
und Oppenheim. Dort setzen sie über den Rhein und dringen bis an die Bergstraße vor. Darauf verlassen
der Verweser der Pfalz, Pfalzgraf Johann von Zweibrücken sowie der Heidelberger Hof und die Verwal-
tung das Land.

1621: Der spanische General Cordoba führt im Spätsommer 1621 erneut Truppen über den Rhein,
schlägt die pfälzischen Reste des Unionsheeres unter Oberst Obentraut bei Bürstadt und besetzt die pfäl-
zische Bergstraße mit Bensheim, Heppenheim und Weinheim. Kurz darauf erobert der Graf von Mans-
feld, der nun die Sache des pfälzischen Kurfürsten führt, die Bergstraße zurück. Im Oktober nähert sich
Tilly allmählich der Pfalz, indem er mit dem Heer der Liga vom Taubergrund durch den Odenwald nach
Weinheim zieht. Er überschreitet bei Ladenburg den Neckar und erobert bis auf einige feste Plätze das
gesamte Neckartal.

1622: Die bayerischen Truppen Tillys erobern am 14. April Neckargemünd im Sturm und schreiten zur
Belagerung des Dilsberges. Diese Belagerung muß am 21. April erfolglos abgebrochen werden. Nach der
Eroberung des Kraichgaus verschanzt sich Tilly bei Wiesloch. In der Schlacht bei Mingolsheim am 27.
April siegt Mansfeld. Tilly zieht sich nach Heilbronn zurück. Mansfeld gewinnt den Kraichgau wieder
und besetzt am 8. Mai Ladenburg. Am 6. Mai besiegt Tilly bei Wimpfen den Markgrafen Georg Friedrich
von Baden und rückt mit frischen Kräften durch den Kraichgau, das Neckartal und den Odenwald in die
Rheinebene vor. Er zwingt Mansfeld, sich in die Festung Mannheim zurückzuziehen. Tilly kann Mann-
heim nicht sofort belagern, da Mansfeld von Norden ein zweites Heer unter der Führung des Herzogs
Christian von Braunschweig zu Hilfe kommt. Tilly zieht Christian bis vor Frankfurt in Eilmärschen entge-
gen und schlägt ihn bei Höchst am 20. Juni. Christian kann nur noch Trümmer seines Heeres zu Mansfeld
nach Mannheim bringen. Tilly kehrt um, besetzt Ladenburg und nimmt am 21. Juni die Belagerung Hei-
delbergs wieder auf. Nach beinahe drei Monaten wird am 15. September Heidelberg im Sturm erobert,
das Schloß kapituliert am 19. September. Gleichzeitig beginnt Tilly die Belagerung Mannheims. Nach der

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