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um Fideikommisse im ehemaligen Gebiete des Allgemeinen Land-
rechts für die preußischen Staaten handelt.
In dem durch das Urteil vom 10. Juni 1897 entschiedenen
Falle hatte ein Majoratsbesitzer den Abzug der jährlichen Amorti-
sationsquote eines Darlehens der Schlesischen Landschaft ver-
langt, weil ihm deren Zahlung als eine stiftungsmäßige Ver-
pflichtung obliege. Die vormalige 3. Kammer des V. Senats ver-
sagte der Beschwerde den Erfolg, indem sie sich zu folgender Auf-
fassung bekannte: „Der zum Besitz eines Familienfideikommisses
Berufene nimmt hinsichtlich der Fideikommißschulden die Stelle
des wirklichen Schuldners ein, und durch die Abtragungen werden
seine eigenen Schulden getilgt. Somit gilt von den Tilgungs-
beiträgen, welche der Fideikommißbesitzer an eine Landschaft auf
Grund der betreffenden Statuten oder nach Anordnungen in
Familienbeschlüssen und in der Stiftungsurkunde abzuführen hat,
dasselbe, was für jeden Besitzer eines verpfändeten Gutes bezüg-
lich der Nichtabzugsfähigkeit der Tilgungsbeiträge von den Jahres-
einkünften gilt."
Hierbei war die Kammer von der Ansicht ausgegangen, daß
dem Familienfideikommiß eine eigene Persönlichkeit, welche selb-
ständiger Träger von Vermögensrechten sei und Zahlungen leisten
könne, nicht beiwohne.
Allein schon die vormalige 2. Kammer des V. Senats erklärte
in ihrem Urteile vom 8. März 1900 (Entsch. d. OVG. in Staats-
steuersachen Bd. 9 S. 203) die Auffassung, daß die nach Z 73 Tit. 1
T. II des ALR. als Obereigentümerin in Betracht kommende Fa-
milie nicht als eine juristische Person angesehen werden dürfe,
welcher gegenüber eine rechtliche Verpflichtung im Sinne des
tz 9 I 3 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 24. Juni
1891 begründet werden könnte, als rechtsirrig. Zur Begründung
wurde angeführt, daß die Theorie vom qualitativ geteilten Eigen-
tums, der hier gefolgt werden müsse, die Annahme zweier Per-
sonen voraussetze, deren einer das Obereigentum, deren anderer
das nutzbare Eigentum zustehe, und daß diese Theorie ohne jene
Annahme nicht verständlich sei. Dessenungeachtet wurden darauf-
hin nur die Beiträge eines Fideikommißbesitzers zur Bildung
eines statutenmäßigen Reservefonds für eine auf einem beson-
deren Rechtstitel beruhende dauernde Last erklärt, wogegen jede
um Fideikommisse im ehemaligen Gebiete des Allgemeinen Land-
rechts für die preußischen Staaten handelt.
In dem durch das Urteil vom 10. Juni 1897 entschiedenen
Falle hatte ein Majoratsbesitzer den Abzug der jährlichen Amorti-
sationsquote eines Darlehens der Schlesischen Landschaft ver-
langt, weil ihm deren Zahlung als eine stiftungsmäßige Ver-
pflichtung obliege. Die vormalige 3. Kammer des V. Senats ver-
sagte der Beschwerde den Erfolg, indem sie sich zu folgender Auf-
fassung bekannte: „Der zum Besitz eines Familienfideikommisses
Berufene nimmt hinsichtlich der Fideikommißschulden die Stelle
des wirklichen Schuldners ein, und durch die Abtragungen werden
seine eigenen Schulden getilgt. Somit gilt von den Tilgungs-
beiträgen, welche der Fideikommißbesitzer an eine Landschaft auf
Grund der betreffenden Statuten oder nach Anordnungen in
Familienbeschlüssen und in der Stiftungsurkunde abzuführen hat,
dasselbe, was für jeden Besitzer eines verpfändeten Gutes bezüg-
lich der Nichtabzugsfähigkeit der Tilgungsbeiträge von den Jahres-
einkünften gilt."
Hierbei war die Kammer von der Ansicht ausgegangen, daß
dem Familienfideikommiß eine eigene Persönlichkeit, welche selb-
ständiger Träger von Vermögensrechten sei und Zahlungen leisten
könne, nicht beiwohne.
Allein schon die vormalige 2. Kammer des V. Senats erklärte
in ihrem Urteile vom 8. März 1900 (Entsch. d. OVG. in Staats-
steuersachen Bd. 9 S. 203) die Auffassung, daß die nach Z 73 Tit. 1
T. II des ALR. als Obereigentümerin in Betracht kommende Fa-
milie nicht als eine juristische Person angesehen werden dürfe,
welcher gegenüber eine rechtliche Verpflichtung im Sinne des
tz 9 I 3 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 24. Juni
1891 begründet werden könnte, als rechtsirrig. Zur Begründung
wurde angeführt, daß die Theorie vom qualitativ geteilten Eigen-
tums, der hier gefolgt werden müsse, die Annahme zweier Per-
sonen voraussetze, deren einer das Obereigentum, deren anderer
das nutzbare Eigentum zustehe, und daß diese Theorie ohne jene
Annahme nicht verständlich sei. Dessenungeachtet wurden darauf-
hin nur die Beiträge eines Fideikommißbesitzers zur Bildung
eines statutenmäßigen Reservefonds für eine auf einem beson-
deren Rechtstitel beruhende dauernde Last erklärt, wogegen jede