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Trump, Dominik; Universität zu Köln [Contr.]; Jan Thorbecke Verlag [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 13): Römisches Recht im Karolingerreich: Studien zur Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte der Epitome Aegidii — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74405#0215
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214

6. Pippin und das Königskapitular

minent am Anfang des Textes stehen.7 Beim Thema Inzest zeigte sich Pippins
pietas zusätzlich darin, dass er den päpstlichen Standpunkt zur Inzestgrenze
übernahm, was Karl UbI als Schulterschluss Pippins mit seinem neuem Bünd-
nispartner gewertet hat.8 Nicht auszuschließen ist, dass auch Pippins Initiative
zum Schutz der Pilger im Zusammenhang mit dem Aufenthalt Stephans II. im
Frankenreich stand.9
Pippin wusste also die Versammlung, auf die das Königskapitular zurück-
geht, gut zu nutzen, um königliche Themen zu besetzen und königliche Tu-
genden herauszustellen. Childerich III. abzusetzen und sich selbst zum König
machen zu lassen war das eine, danach aber das Königtum auch auszufüllen und
König zu sein war etwas Anderes. Die Widerstände gegen den ersten Lango-
bardenfeldzug und die Notwendigkeit, sich von Stephan II. salben zu lassen,
zeigen, dass Pippin 754 weitaus weniger fest im Sattel saß, als die fränkischen
Quellen auf den ersten Blick zugeben möchten.10 In Pippins Bemühen, seine
königliche Herrschaft zu festigen, kann auch das Königkapitular eingeordnet
werden. An erster Stelle ist hier natürlich das bereits erwähnte königliche Auf-
treten zu nennen. Pippin setzte sich für den Schutz der Schwachen ein, für
Klöster und Kirchen und für die Ehen gemäß kirchlicher Vorstellungen. Er
stärkte das Grafengericht, womit er nicht nur als Bewahrer des Rechts auftrat,
sondern ebenso die Grafen in ihr Gerichtstätigkeit unterstützte.
Pippin musste seine neu gewonnene Königsherrschaft ausfüllen. Sein Erfolg
spricht dafür, dass ihm dies letztendlich gelungen ist. Doch war der Weg zu
diesem Erfolg alles andere als einfach und selbstverständlich. Die letzten,
schwachen Merowingerkönige dürften ihm dabei wohl kaum als Vorbild für
gelungene Königsherrschaft gedient haben. Vielmehr musste Pippin einen ei-
genen Weg finden, die Königsherrschaft mit königlichem Handeln zu füllen,
indem er Bewährtes fortsetzte, alte Traditionen wieder aufgriff, umformte und
auch neue Formen entwickelte. Was das Königskapitular betrifft, deutete sich in
dieser Studie immer wieder an, dass Pippin nicht so sehr auf seine fränkischen
Vorgängerkönige schaute, sondern sich vielmehr von langobardischen Vorbil-
dern inspirieren ließ. Nicht in allen Fällen lässt sich eine direkte Abhängigkeit
von einem langobardischen Vorbild beweisen und eigentlich nie der Weg der
Rezeption direkt aufzeigen, was zum Teil mit der schlechten Quellenlage und
vor allem mit dem Fehlen von in der Zeit Pippins geschriebenen Handschriften
des langobardischen Rechts zu tun hat.11

7 Vgl. oben Kap. 2.

8 Vgl. Ubl, Schatten, S. 422 f.

9 Vgl. oben Kap. 3.2.2.

10 Vgl. oben Kap. 1.1.

11 Die frühesten Handschriften der Leges Langobardorurn, die für diesen Rezeptionprozess von
entscheidender Bedeutung sind, stammen aus der Zeit um die Wende zum 9. Jahrhundert. Zur
Überlieferung der Leges Langobardorurn vgl. http://www.leges.uni-koeln.de/lex/leges-lang
obardorum/. Es darf nicht vergessen werden, dass Rezeption nicht zwangsläufig über Texte
erfolgen muss, doch ist dieser Bereich von Rezeption erst recht von der Forschung nicht mehr zu
rekonstruieren.
 
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