6. Pippin und das Königskapitular
217
urteilen, dürfte jedoch nicht unwahrscheinlich sein. Zumindest steht fest, dass sie
sich mit ihren Ansichten zum Eherecht nicht durchsetzen konnten.
Beim Thema Inzest machen die engen Bezüge zwischen dem Königskapi-
tular und den Rechtsantworten Papst Stephans II. das Ringen verschiedener
Kräfte zur Reform im Frankenreich deutlich. Die Beschlüsse des Königskapitu-
lars auf diesem Feld sind eingebettet in größere Entwicklungslinien und zeit-
genössische Debatten im Frankenreich. Bei anderen vom Königskapitular be-
handelten Themen werden die hinter den Beschlüssen stehenden Debatten und
Entwicklungen nicht in einem solchem Maße sichtbar, was nicht zuletzt damit
zusammenhängt, dass das Eherecht gegenüber den Zöllen, der Münzprägung
und der Rechtspflege von der Überlieferung begünstigt wird.
Ohne den Konsens und die Gefolgschaft (zumindest eines großen Teils) der
Großen war Pippins Königstitel nicht viel wert. Dies dürfte auch Pippin und
seinen Beratern bewusst gewesen sein. Spätestens die Probleme, die Großen zum
ersten Langobardenfeldzug zu motivieren, zeigten, dass die Gefolgschaft der
Großen nicht selbstverständlich war. Auch die Salbung Pippins durch Stephan II.
und die geistliche Verwandtschaft mit dem Papst deuten auf den Bedarf an
Legitimation zur Herrschaftsfestigung in dieser Zeit hin. In diesem Umfeld fand
auch die Versammlung statt, auf die das Königskapitular zurückgeht. Das Kö-
nigskapitular fügt sich in diese Reihe von Maßnahmen, mit denen Pippin ver-
suchte, seine Königsherrschaft auszufüllen und darzustellen. Dabei kam es nicht
nur auf die im Konsens mit den anwesenden geistlichen und weltlichen Großen
beschlossenen Inhalte an, sondern auch — und vielleicht sogar im größeren Maße
— auf die Tatsache an sich, dass Pippin sich der Reform annahm und die Be-
schlüsse der Versammlung als ein Kapitular verkündete, das allen seinen kö-
niglichen Führungsanspruch vor Augen führen sollte
217
urteilen, dürfte jedoch nicht unwahrscheinlich sein. Zumindest steht fest, dass sie
sich mit ihren Ansichten zum Eherecht nicht durchsetzen konnten.
Beim Thema Inzest machen die engen Bezüge zwischen dem Königskapi-
tular und den Rechtsantworten Papst Stephans II. das Ringen verschiedener
Kräfte zur Reform im Frankenreich deutlich. Die Beschlüsse des Königskapitu-
lars auf diesem Feld sind eingebettet in größere Entwicklungslinien und zeit-
genössische Debatten im Frankenreich. Bei anderen vom Königskapitular be-
handelten Themen werden die hinter den Beschlüssen stehenden Debatten und
Entwicklungen nicht in einem solchem Maße sichtbar, was nicht zuletzt damit
zusammenhängt, dass das Eherecht gegenüber den Zöllen, der Münzprägung
und der Rechtspflege von der Überlieferung begünstigt wird.
Ohne den Konsens und die Gefolgschaft (zumindest eines großen Teils) der
Großen war Pippins Königstitel nicht viel wert. Dies dürfte auch Pippin und
seinen Beratern bewusst gewesen sein. Spätestens die Probleme, die Großen zum
ersten Langobardenfeldzug zu motivieren, zeigten, dass die Gefolgschaft der
Großen nicht selbstverständlich war. Auch die Salbung Pippins durch Stephan II.
und die geistliche Verwandtschaft mit dem Papst deuten auf den Bedarf an
Legitimation zur Herrschaftsfestigung in dieser Zeit hin. In diesem Umfeld fand
auch die Versammlung statt, auf die das Königskapitular zurückgeht. Das Kö-
nigskapitular fügt sich in diese Reihe von Maßnahmen, mit denen Pippin ver-
suchte, seine Königsherrschaft auszufüllen und darzustellen. Dabei kam es nicht
nur auf die im Konsens mit den anwesenden geistlichen und weltlichen Großen
beschlossenen Inhalte an, sondern auch — und vielleicht sogar im größeren Maße
— auf die Tatsache an sich, dass Pippin sich der Reform annahm und die Be-
schlüsse der Versammlung als ein Kapitular verkündete, das allen seinen kö-
niglichen Führungsanspruch vor Augen führen sollte