Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Rapp, Joachim
National-religiöse Identität versus lokale Identitäten auf Sri Lanka — 1997

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8390#0003
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1

1. EINLEITUNG

Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht der Begriff 'Identität1.
Identität wird häufig über die Zugehörigkeit zu einer Na-
tion, einem Volk oder einer Ethnie konstruiert. Ein weite-
rer wichtiger identitätsstiftender Faktor ist die Reli-
gionszugehörigkeit. Identität kann aber auch über die Zu-
gehörigkeit zu einer sozialen Schicht oder Berufsgruppe,
einer Region, Stadt oder Dorf und über die Verwandt-
Schaftsgruppe gewonnen werden.

In Sri Lanka gibt es mehrere, sich überschneidende Möglich-
keiten der Identitätsgewinnung. Zum einen die national-
religiöse Identität, zum anderen die lokalen Identitäten,
die über die Region, Kaste und Verwandtschaft hergestellt
werden. Die national-religiöse Identität der Bevölkerungs-
mehrheit, die ich in dieser Arbeit beschreiben möchte, wird
aus den Komponenten 'singhalesisch' und 'buddhistisch'
konstruiert. Darzulegen, daß die Begriffe 'singhalesisch'
und 'buddhistisch' von den betreffenden Menschen, im fol-
genden 'Sinhala Buddhists' benannt, als untrennbar mitein-
ander verbunden empfunden werden, ist ein Anliegen dieser
Arbeit. Die 'Sinhala Buddhists' behaupten in ihrer großen
Mehrheit eine Untrennbarkeit von 'Nation' und 'Religion'
und leiten daraus auch einen Herrschaftsanspruch für die
ganze Insel ab. Dieser wird mit teils mythischen, teils
historischen Begebenheiten begründet, die in den Mitte des
ersten Jahrtausends von buddhistischen Mönchen verfaßten
'Großen Chroniken' niedergeschrieben wurden. Auf die Tradi-
tion und Überlieferungen der Chroniken aufbauend und diese
mit modernen europäischen Ideen über Nation und 'Rasse'
verbindend, entwickelten Ende des neunzehnten Jahrhunderts
singhalesische Intellektuelle und buddhistische Mönche im
damals britisch beherrschten Ceylon die sogenannte 'Sinha-
la-Buddhist-Ideology' , die im Kern die Forderung nach einem
Umbau Sri Lankas in einen singhalesisch-buddhistischen Na-
tionalstaat zum Inhalt hatte. Außerdem wurde die Existenz
einer gemeinschaftlichen kulturellen und 'rassischen' Iden-
tität für alle buddhistischen Singhalesen behauptet.
 
Annotationen