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Rapp, Joachim
National-religiöse Identität versus lokale Identitäten auf Sri Lanka — 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.8390#0009
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Daneben hat sie auch eine sehr wichtige verbindende Funk-
tion, da sie der vielfältig differenzierten Gesellschaft
der 'Sinhala Buddhists1 einen gemeinsamen Überbau verleiht.
Heute prägt die 1Sinhala-Buddhist-Ideology1 das politische
Geschehen, ist die Sicherung der Vorrangstellung für die
'Sinhala Buddhists' und ihr Herrschaftsanspruch über die
ganze Insel 'common sense' aller relevanten singhalesischen
Parteien. Noch deutlicher wird der Erfolg dieser Ideologie
durch den Umstand, daß von der überwältigenden Mehrheit der
'Sinhala-Buddhists' die propagierte gemeinschaftliche na-
tional-religiöse Identität angenommen wird.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß dies keineswegs
immer so war, auch wenn dies so behauptet und dargestellt
wird, sondern daß es sich bei dieser Entwicklung um das
Ergebnis einer sozial-politischen und kulturellen Gestal-
tung der letzten hundert Jahre handelt.

Nach Meinung des singhalesischen Ethnologen Gananath Obey-
sekere bezeichnet der Terminus 'Sinhala Buddhists' heute
eine ethnische Identität, die durch den Prozeß einer kol-
lektiven Identitätsbehauptung ("identity affirmation")
entstanden und gewachsen sei: "Today Sinhala Buddhists are
constantly affirming their collective identity as an ethnic
group" (Obeysekere 1979: 303).

Die 'Sinhala Buddhists' bildeten eine "moral Community",
die auch die Singhalesen christlichen Glaubens ausschlösse
(Obeysekere 1979: 289).

In erster Linie grenzen sich die 'Sinhala Buddhists1 jedoch
von den Tamilen ab, die ebenfalls seit zwei Jahrtausenden
auf der Insel leben. Von ihnen unterscheiden sie sich nicht
nur durch die Religionszugehörigkeit, denn die Tamilen sind
überwiegend Hindus, sondern auch durch die Sprache. Die
Singhalesen sprechen Sinhala, eine indo-europäische bzw.
'indo-arische' Sprache nordindischen Ursprungs, die Tamilen
dagegen das südindische Tamil, das zur dravidischen Sprach-
gruppe zählt. Daraus abgeleitet wird die Behauptung, daß es
sich bei Singhalesen und Tamilen um zwei verschiedene 'Ras-
sen1 handele.
 
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