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Reinach, Théodore
Mithradates Eupator König von Pontos — Leipzig, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.21713#0143
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116

ZWEITES KAPITEL.

nahm bei Byzanz Aufstellung, um der pontischen Flotte den Zutritt
zur Propontis zu verlegen.

Die Börner hatten insgesamt 190 000 Mann aufgebracht, denen
Mithradates eine aus 300 gedeckten und 100 leichten Schiffen be-
stehende Seemacht und ein Landheer von 2 bis 300000 Mann ent-
gegenstellte, das allerdings aus recht ungleichwertigen Elementen
bestand.3) Neben der aus griechischen Söldnern, den Veteranen
aus dem Krimkriege, zusammengesetzten Phalanx ßnden wir eine aus
10 000 Reitern gebildete Schar, welche der junge Kappadokerkönig
Ariaratlies in Kleinarmenien ausgehoben hatte. Der Rest, welcher
nach der weitgehendsten Schätzung etwa 250 000 Mann zu Fufs und
40 000 Reiter umfafste, bestand aus kappadokischen und paphla-
gonischen Untertkanen des Königs, zu denen sich vielleicht einige
galatische Söldner gesellt hatten,-) zum gröfsten Feile aber aus
den zahlreichen, in den europäischen Barbarenländern angeworbenen
Kontingenten —- Maiotier, Skythen, Sarmaten, Bastarner, Thraker,
Kelten. Die Phalanx, welche eine Elitetruppe, eine Art alter Garde,
bildete, stand unter dem unmittelbaren Befehl des Dorylaos, des
königlichen Jugendgespielen und Günstlings; die Sichelwagen, 130
an der Zahl, denen im mithradatischen Heere die Rolle der Feld-
artillerie in den Heeren der Neuzeit angewiesen war, hatten eben-
falls ihren besonderen Führer, Krateros. Den Oberbefehl über die
übrigen Truppen führten zwei Brüder, die Feldhauptleute Archelaos
und Neoptolemos, welche wahrscheinlich makedonischen Ursprungs
waren.a) Der oberste Kriegsherr war der König selbst, dessen
eifriges Walten nicht nur die Kriegsoperationen in ihren Haupt-
zügen bestimmte, sondern auch bis in die kleinsten Einzelheiten
fühlbar war. Er war, im eigentlichen Sinne des Wortes, die Seele
und das Bindeglied seines zahllosen und heterogenen Heeres. 1 2

1) Memnon zählt für die Schlacht am Amnias 40 000 Mann Fufstruppen
und 10 000 Pferde, darauf stöfst Mithradates mit 150 000 Mann zu Archelaos,
was also 200 000 Mann ausmacht. Appian, Mithr. 17, zählt für das eigent-
liche Heer des Mithradates (rö oUslov, worin jedenfalls die europäischen
Hülfstruppen begriffen sind) 250 000 Fufsgänger und 40 000 Pferde, für die
Hülfstruppen aus Asien (cvfi^a^mä) 10 000 Heiter aus Kleinarmenien und eine
verlorene Zahl von Phalangiten. Da die griechische Phalanx seit den Feld-
zügen des Diophantos, wo sie 6 000 Mann stark war (Strabon VII, 3, 17),
schwerlich vermehrt wurde, kann man hier diese Zahl einfügen. Aus dem
Umstand, dafs das kleinarmenische Kontingent im Nationalheer nicht mitge-
rechnet wird, läfst sich füglich schliefsen, dafs diese Provinz damals zum
Vasallenstaat Kappadokien gehörte.

2) Trogus bei Justinus XXXVIH, 4, 9—10.

8) Beide Namen haben makedonischen Anstrich; überdies behauptete der
Kappadokerkönig Archelaos (ein Urenkel des mithradatischen Feldherrn), von
dem Herakliden Temenos, einem sagenhaften Vorfahren der Makedonerkönige,
abzustammen (Josephus, B. Jud. I, 24, 2).
 
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