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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Leitschuh, Franz Friedrich: Die Bambergische Halsgerichtsordnung: Ein Beitrag zur Geschichte der Bücherillustrationen
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0077

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Die Bambergische Halsgerichtsordnung. 63
Der nächste Holzschnitt befindet sich auf Blatt xviij. Wir erhalten hier
einen Einblick in die »peinliche Frage«, mit welchem Ausdrucke man ge-
meiniglich auch den Raum selbst bezeichnete, in welchem die Tortur vor-
genommen wurde. Dem auf dem Boden sitzenden Verdächtigen werden die
Hände auf dem Rücken zusammengebunden, während ihn der vor ihm sitzende
Richter ermahnt, freiwillig zu bekennen. Einer der Henker lässt die Kette
des Folterwerkzeuges, »Zug« genannt, herab, an welcher der zu Folternde in
die Höhe gezogen werden soll. Im Vordergründe harrt auch seiner Anwendung
der übliche Gewichtstein, der zur Erhöhung der Qual nöthigenfalls an die
Füsse des »Verstockten« gehängt wird. Links sitzen, im eifrigsten Gespräche
begriffen, zwei »Gerichtsschöpfen« und ein Gerichtsschreiber, der das auf solche
Weise erzwungene Geständniss fleissig zu Papier bringt. Nach diesem Holz-
schnitte zu schliessen, fand die Tortur in einem finsteren Raume statt, der
durch einige Kerzen nothdürftig erleuchtet wurde. Ueber dem Bilde steht
der Reim:
„Seyf ftdj auf btd? erfunben fjat
IReblidj anjeig ber miffetat
ifurftu nit rmfdjulb aufi uadj rabt
Die peynlid) frag fol fjaben ftat" 4).
Das darauffolgende Blatt beginnt mit dem 56. Artikel der »peinlichen Frage«,
welche mit dem 73. Artikel endigt. Hier wird auch der Tortur gedacht,
jedoch in einer Weise, die von der humanen Auffassung Schwarzenberg’s
ganz durchdrungen ist. Besonders lesenswerth und für die Beurtheilung
der Tortur durch Schwarzenberg charakteristisch sind die Art. 65 und 71.
Auf Blatt xxiij sehen wir das nämliche Gerichtspersonal wie oben, hier
geben zwei Männer mit aufgehobenen Händen Zeugniss. Ueber dem Richter
bemerkt man eine Hand aus den Wolken, welche einen Zettel mit folgendem
Spruch hält:
„Du folt nit falfdie jeugfnufi geben
2lls lieb bir fey bas ewig leben."
Auf der Rückseite beginnen die Artikel „X?on roeyfung der miffefat". Blatt
xxvj bringt die Darstellung eines Mannes, der den Richter um Ansetzung des
Termines bittet5). Der fliegende Zettel lautet:
„Der Hinter fefit mir einen tag.
Das id? mein Secbt uolfüren mag."
Die Rückseite des Blattes xxvij nimmt wiederum ein Holzschnitt ein; rechts
sitzen sieben Gerichtspersonen, welchen ein Verbrecher vorgeführt wird. Neben
dem Richter sitzt ein Schöpfe, der in das von ihm gehaltene, aufgeschlagene
Buch — die Halsgerichtsordnung — hineinzeigt. Damit stimmt auch der darüber
befindliche Spruch überein :
4) Bei Herrn Muther lautet dieser Spruch irrthümlich also: Seyt sich auff
dich erfunden hat Fürstu nit unschuldt aus nach radt. Redlich anzaygung der
myssethat; Die peynlich frag soll haben statt.«
5) Herr Muther hat die Darstellung dieses Holzschnittes in seinem erwähnten
Werke unrichtig gedeutet.
 
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