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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Frimmel, Theodor von: Carl Andreas Ruthart
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0164

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Dr. Theodor Frimmel:

Circe in Dresden und das mit dem David in Oldenburg gehört dieser Phase
seiner Entwicklung an. Endlich wird der alternde Meister fromm, malt
Kirchenbilder und tritt zu Rom in den Cölestiner-Orden. Zu Rom wird er
gestorben sein.
Rezüglich der kunstgeschichtlichen Stellung, die Ruthart einnimmt, muss
darauf hingewiesen werden, dass unser Meister ziemlich isolirt steht. Unter
seinen Vorgängern in der Thiermalerei ist keiner, dessen Einfluss bei Ruthart
zu verspüren wäre. Ruthart dürfte Autodidakt gewesen sein, der sich haupt-
sächlich durch Studium der lebendigen Natur zum grossen Künstler gebildet hat.
Seine Thiere sind stets vortrefflich gezeichnet, auch wenn sie in lebhaftester
Bewegung dargestellt sind. In Feinheit und Harmonie des Colorits steht er den
gleichzeitigen Holländern nahe. Er versteht sich auf geschlossene Lichtführung.
Ruthart’s hin und wieder hochdramatische Bilder sind wohl nicht ohne
Einfluss auf gleichzeitige und spätere Thiermaler geblieben, vielleicht hat Rut-
hart sogar Schüler gehabt. Bei Abraham Hondius muss an eine solche
Schülerschaft gedacht werden, besonders wenn man vor seinen beiden Thier-
stücken in der Rotterdamer Galerie (Nr. 116 und 117, ersteres bezeichnet
und datirt von 1672) oder vor dem Bilde in der Dresdener Galerie (Nr. 2370,
alt) steht. Leider ist die Biographie des Abraham Hondius womöglich noch
unklarer als die von Ruthart. Aus dem stilistischen Zusammenhang allein
können keine weiteren Folgerungen gezogen werden9).
Die Gemälde Ruthart’s, die seiner besten Zeit angehören, nämlich, wie
wir annehmen wollen, der Zeit vor dem Umgang mit Castiglione, zeigen
saubere Ausführung und sorgsame Behandlung in jeder Beziehung, sogar in
der Landschaft, die meist sehr stimmungsvoll ist. Es sei hier nebstbei er-
wähnt, dass Ruthart es liebt, im Vordergründe oder Mittelgründe zur Seite
kleine Eichbäume mit grossen Blättern und einigen dürren Aesten oder nied-
riges Eichengebüsch und grosse Blattpflanzen anzubringen. Pinienartige Bäume
und Gypressen im Hintergründe kehren häufig wieder. Einmal bringt er im
Mittelgründe eine Agave an. Das Grün seines beleuchteten, conventionellen,
kurzen Grases nähert sich dem Blauweiss. Felsplatten, die mit solchem Grase
bewachsen sind (und auf denen sich Wild gelagert hat), kommen gar oft auf
seinen Gemälden vor.
Die /grösste Aufmerksamkeit widmet Ruthart aber nicht der Landschaft,
sondern den dargestellten Thieren, in welcher Beziehung der Meister von
Manchen für unübertrefflich gehalten wird. Die technische Ausführung ist
dabei in der That ebenso vorzüglich, als der geistige Gehalt der Bilder, als
ihre Gomposition. Für die Bilder seiner besten Zeit möchte Folgendes charakte-
ristisch sein: die Thierfelle sind in der Weise gemalt, dass auf eine trockene
helle Untermalung ein frisches dunkles Impasto gesetzt ist, in welches der
Maler dann mit einem spitzigen Instrument, wahrscheinlich mit dem Pinsel-
stiel, einzelne feine Striche einkratzt, die bis auf den hellen Grund durch-

9) J. Beeidemaker dürfte Bilder von Ruthart gekannt haben, ebenso die
späteren J. G. Hamilton und J. M. Roos; kaum die Riedinger.
 
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