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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Leitschuh, Franz Friedrich: Die Bambergische Halsgerichtsordnung: Ein Beitrag zur Geschichte der Bücherillustration
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0201

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Die Bambergische Halsgerichtsordnung. 171
uns hier zum drittenmale. Rechts bringen zwei Männer, entblössten Hauptes,
das gestohlene Ross. Der Holzschnitt nach Art. 269 ist von dem der Bam-
berger Ausgabe wesentlich verschieden. Während dort nur drei Personen in
der Gerichtsstube anwesend sind, tritt hier ein vierter Mann ein, der offenbar
um »Geleit« bittet. Die beiden Hunde fehlen indess. Als eine Gopie nach
dem Original von der Gegenseite dürfen wir vielleicht die Darstellung des
Taschenrichters betrachten. Der Mainzer Gopist gestattet sich freilich auch
hier manche Zuthat — aber er folgt doch im Grossen und Ganzen der Bam-
berger Zeichnung. Anders verhält es sich mit dem folgenden Holzschnitte.
Vier der Narrenrichter sitzen auf Einer Bank; der Vorsitzende derselben hat
auf dem Stuhle Platz genommen. Der letzte Holzschnitt ist wieder aus zwei
Stöcken zusammengesetzt. Die weltlichen Räthe links sind der Livius-Ausgabe
entnommen. Die beiden um Rath bittenden Richter, wahre Henkergestalten,
tragen ihre Anliegen in bäurisch-derber Weise vor.
Gegenüber den Holzschnitten der ersten Ausgabe bemerken wir bei den
der zweiten einen unverkennbaren Fortschritt in der Ausführung. Der Mainzer
Holzschneider verfügt über ein viel tieferes technisches Können, als der Nürn-
berger. Aber auch auf die Zeichnung ist meist eine Sorgfalt verwendet, die wir
bei den Holzschnitten der ersten Auflage manchmal ganz vermissen. In den Dar-
stellungen der zweiten Auflage beobachten wir auch noch einen anderen Wandel:
schlicht und einfach erscheinen die Trachten in der Bamberger Ausgabe —
reich und glänzend ist die Kleidung der Gerichtspersonen in der Mainzer;
namentlich aber tritt hier der Henker in prunkendem Gewände auf. Jedenfalls
kann nicht von »schlechten Copien« nach der Bamberger Ausgabe die Rede
sein: wir begegnen meist freien Nachahmungen der Holzschnitte der ersten
Ausgabe, deren Ausführung an Sorgfalt die letzteren überragt 1).
2) Denis in seiner Einleitung in die Bücherkunde Th. II, S. 80, Waldau in
seinem Repertorium S. 177 und Bauer in Bibi. libr. rar. T. I. S. 47 führen diese
Ausgabe als rdie erste an. Ausserdem wird sie noch angezeigt von Rosshirt in
dem Neuen Archiv des Griminalrechts 1826, Bd. IX, S. 244. Panzer Nr. 616 und in
Güterbock, Die Entstehungsgeschichte der Carolina. Würzburg 1876. Die frappan-
teste Entdeckung Güterbock’s dürfte darin bestehen, dass der Reichstagsausschuss
zu Worms die Bainbergensis nicht in der ursprünglichen Bamberger Ausgabe vom
Jahre 1507, sondern in dieser zweiten, durch Druckfehler nicht wenig entstellten
Mainzer Ausgabe benutzt hat (S. 65). Dieser in der That überraschende Nachweis
muss als vollständig gelungen betrachtet werden. Die aus dieser Thatsache ge-
zogene Folgerung aber, dass der auf dem Reichstage von 1521 zweifellos anwesende
Schwarzenberg in dem Reichstagsausschusse nicht gesessen, weil er sonst sicher die
authentische Ausgabe der Bambergensis zu Grunde gelegt und jedenfalls die Fehler
der Schöffer’schen Ausgabe nicht hätte durchschlüpfen lassen — diese Folgerung
müssen wir denn doch als eine zu kühne bezeichnen. Dass bei der Drucklegung
solcher Gesetze eine officielle Correctur stattfand, ist mehr als unwahrscheinlich,
und gegenüber der Autorität des gedruckten Wortes überhaupt kam die Verschieden- 1
heit von Druckort und Druckzeit wenig in Anschlag. War also in Worms die
Schöffer’sche Ausgabe mehr zur Hand als die von Pfeyl, so wird sich auch
Schwarzenberg gewiss nicht besonnen haben, nach diesem zweiten Drucke der
 
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