Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

DOI issue:
Berichte und Mittheilungen aus Sammlungen und Museen, über staatliche Kunstpflege und Restaurationen, neue Funde
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0517

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
über staatliche Kunstpflege und Restaurationen, neue Funde.

453

dieses Meisters belehren lassen. Nachdem Justi das Bildchen gesehen und
geprüft, schrieb er darüber an Toman:
»Das Bild hat mich sehr interessirt und schien mir in mehr als einer
Beziehung für den Meister merkwürdig. Die Bezeichnung in der vlämischen
Lesart des Namens ist ein Unicum; es lässt sich daraus schliessen, dass es
nicht während seines langen Aufenthalts in Spanien gemalt worden ist, also
entweder vor- oder nachher. Nachher ist wahrscheinlicher, weil man in der
Zeichnung nichts von den Eigenheiten der niederländischen Schule bemerkt,
die z. B. in der grossen Kreuzabnahme noch ziemlich augenfällig sind. Frei-
lich passt die minutiöse Ausführung nicht recht zu den ermüdeten Augen
eines Greises; vielleicht war er kurzsichtig. Diese ebenfalls unter den sonst
bekannten Arbeiten beispiellose miniaturartige Ausführung macht einen wei-
teren Grund der Schätzbarkeit des Bildes; sie ist jedoch keineswegs kleinlich,
man könnte sich dieselbe ebensogut in Lebensgrösse denken. Am bewunde-
rungswürdigsten aber dürfte die tiefe Empfindung sein, die sich in allem: in
der räumlichen Anordnung, in den Stellungen und Geberden der einsamen
Gruppe der Frauen, nicht am meisten in dem Ton der Landschaft offenbart,
die eine wahre Stimmungslandschaft ist. Auch die Farben der Kleider sind
dem Ernst des Gegenstandes angepasst. Das Bildchen wäre werth, verviel-
fältigt zu werden.«
London. National-Gallery. Neuerwerbungen.
Die Nationalgalerie zu London hat auch im Laufe des vorigen Jahres
einige Bereicherungen — mit einer Ausnahme durchwegs der italienischen
Malerei angehörend — erfahren, die, wenn sie auch an Bedeutung bei weitem
nicht an die Ankäufe aus den Sammlungen Hamilton und Marlborough reichen,
doch als werthvolle Ergänzungen des Bildes gelten müssen, das die Galerie
nunmehr insbesondere von den verschiedenen Schulen jener Kunst gewährt.
Als Geschenk Mr. Turner Palgrave’s ging ihr ein Werk Aless. Bonovicino’s
(Moretto) zu, die »Madonna mit dem Kind auf den Wolken thronend, von
den Heil. Hippolyt und Catherina angebetet«. Dasselbe befand sich einst in
der Sammlung Solly. Die Figuren sind unter Lebensgrösse, und haben leider
in der Garnation stark gelitten; den Hintergrund nimmt eine Landschaft ein,
deren Luftperspective zu wünschen lässt, wie denn das Bild im Werke des
Meisters überhaupt nur einen untergeordneten Rang beanspruchen darf. Zwei
kleine Tafelgemälde wurden bei der Versteigerung der Sammlung Fuller Russell
erworben. Sie gehören dem Ugolino von Siena, einem Zeitgenossen des
Duccio an und bildeten einst Bestandtheile der Predella jenes Altarschreins,
den der Meister für S. Groce in Florenz gemalt hatte, und wovon sich in der
genannten Sammlung etwa ein Dutzend Tafeln befanden, die nunmehr leider
in alle Winde zerstreut worden sind. Die für die Nationalgalerie erworbenen
stellen die »Geisselung und Kreuztragung« auf Goldgrund dar. Die Garnation
ist licht und zart, die Gewänder wie gewöhnlich goldgemustert, und nur die
dunklen Massen der Bäume der Landschaft und der Rüstungen der Kriegs-
knechte bringen etwas Kraft und Gleichgewicht in das Ensemble des Colorits.
 
Annotationen