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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0159
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Breslau, 3. Mai. Heute Nachmittag ist eine neue
Hiobspost hier eingetroffen: Eine Abtheilung hiesiger Landwehr,
etwa 150 Köpfe stark, darunter aber 120 Polen, sollte von
hier nach Glogau marschiren; 2^ Meilen von hier, bei dem
Städtchen Stenszewo, wurden sie heute Mittag auf der gro-
ßen breslauer Chaussee von einer großen Masse Sensenmän-
ner überfallen und sammt und sonders gefangen genommen.
Wahrscheinlich haben die Polen sich leicht gefangen nehmen
lassen und die Insurgenten haben durch sie eine hübsche Ver-
stärkung, die überdies mit guten Schießwaffen und mit einer
Kasse versehen ist, erhalten. Zu bedauern sind die 20 — 30
Deutschen darunter, zumeist junge Leute von hier. (D.A.Z.
Wien, 3. Mai. Es verbreitete sich gestern das Gericht,
als wolle man den verhaßten Orden der Liguorianer wieder
in sein altes Ordenshaus einsühren, welches vom Minister den
Studenten als Local für ihren Rede- und Lcseverein einge-
räumt worden war. Nationalgarden in Uniform kamen stür-
mend auf die Universität, um zu Demonstrationen gegen die
immer kühner hervortrctende reaktionäre Partei aufzufordern,
und zeigten zugleich an, daß die Verhandlungen wegen Zu-
rückberufung der Liguorianer im besten Gange seien, und daß
die Acten bei Pillersdorfs lägen. Dorthin hat sich auch wirk-
lich der Präsident der Regierung Freiherr von Fälatzko, aus
Andringen der Studenten geschickt, und nun drangen diese in
den Minister, ihnen die Acten auszuliefern, und bedeuteten
ihm, daß, wenn dieses nicht gutwillig geschähe, 20,000 Men-
schen auf der Universität nur ein Zeichen erwarteten, um das
Haus zu stürmen. Der Minister ließ sich durch diese impro-
visirte Drohung so einschüchtcrn, daß er den Studenten und
Bürgern die bezüglichen Schriften übergab. Trotzdem sic nichts
enthielten, was eine Anklage g--gen den Minister und den
Erzbischof veranlassen konnte — cs handelte sich darum blos
um Unterstützung der hilflosen Priester — wollte man doch
darin das Wühlen der alten Partei erkennen und riß die
Fahne vom Palais des Fürst-Erzbischofs herab. (Z.-H.
Rendsburg, 5. Mai. General Wrangel hat der
provisorischen Regierung der Herzogthümer Schleswig und
Holstein folgenden Bericht übersandt: „Einer hohen Regie-
rung theile ich hierdurch crgebenst mit, daß gestern, am Jah-
restage der Schlacht von Groß-Görschen, Vie deutschen Trup-
pen unter meinem Befehl die jütische Grenze bei Kolbing
überschritten und noch am Abend desselben Tages die Festung
Fridericia besetzt haben, diesen wichtigsten Brückenkopf Däne-
marks auf dem Festlande. Der Feind hatte auch die Grenzen
der dänischen Provinzen und die starke Stellung bei Kolbing
ohne Widerstand verlassen, und vor einer Patrouille des die
Avantgarde commandircnden Generals von Bonin öffnete Fri-
dericia seine Thore. Alle dänischen Truppen hatte man nach
Fühnen übergeschifft, das Kriegsmaterial war zum größten
Theil mitgenommen, nur 7 Geschützröhre, welche vergraben
worden, ziemlich bedeutende Munitionsvorräthe, Getreide und
Mehl sind in unsere Hände gefallen. Der Feind scheint bis
zuletzt die Absicht gehabt zu haben, sich im See-Fortzu hallen,
denn der Graben desselben war neuerdings pallisadirt worden.
Ich habe bereits die nöthigen Befehle zur Zerstörung dieses
Forts gegeben. Heute um 3 Uhr Nachmittags wurde die deutsche
Fahne am Flaggenstabe des See-Forts aufgezogen und mit
101 Kanonschüssen salutirt. So lange diese Fahne dort weht.

wird kein Zoll von den Schiffen, die den kleinen Belt Yassi-
ren, erhoben werden. Der Muth und die Ausdauer, mit
welcher das Heer unter meinen Befehlen die Gefahren über-
wunden und die anstrengenden Märsche ertragen hat, welche
zur Erreichung eines so glorreichen Resultates erforderlich
waren, kann ich nicht genug anerkennen. Fridericia, 3. Mai
1848. Der Oberbefehlshaber der Armee (gez.) Wrängel.»
Ausländische Nachrichten.
Amsterdam, 4. Mai. Die Verletzung des Völkerrech-
tes, welche die Dänen sich gegen die niederländische Flagge
haben zu Schulden kommen lassen, indem sie sich mit Gewalt
deren Durchfahrt der Kauffahrteischiffe des neutralen Hollands
durch den Suno wiedersetzt haben, hat einen allgemeinen Ruf
des Unwillens in der Presse erregt. Wir hoffen, daß Holland
seine Flagge nicht ungestraft beschimpfen lassen, sondern, sei-
nes alten Ruhmes eingedenk, durch seine treffliche Flotte in
Kopenhagen selbst Genugthuung für jene schnöde Verletzung
des Völkerrechtes fordern wird. Es ist ohnehin Zeit, mit der
mittelalterlichen Tyrannei, welche die Dänen am Sund aus-
üben, ein Ende zu machen. Nicht bloß für Holland, sondern
'ür die ganze Handelswelt ist dies eine Lebensfrage, und es
würde unseren Nachbarn zu nicht geringer Ehre gereichen, in
derselben die Jnitative genommen zu haben. (K.Z.)
Vom Comersee, 3. Mai. Eines der bedeutendsten
Treffen, welche zwischen den Piemontesen und den Oesterrci-
chern stattgehabt, ist dasjenige von Buffolengo. Graf Casati,
Präsident der prov. Negierung, hat vom Palazzo de Marino,
jetzigem Sitze derselben, den Sieg der Alles entscheidenden
alliirten Armee verkündigt. Zwar fehlen noch die Details,
aber so viel weiß man, daß ein Adjudant Radetzky's dabei
umgekommen ist. Karl Albert verachtet, als bedächtiger Ge-
neral, den Feind nicht wie die Lombarden, welche in seinem
bisherigen Zögern schon Verrath witterten. — Einen merk-
würdigen Anblick gewährten letzten Samstrg die Seminaristen,
welche, ungefähr 70 an der Zahl, in ihren geistlichen Klei-
dungen, mit einer Trikolorfahne an der Spitze, um sich als
Rekruten für die neue Armee einschreibcn zu lassen, was auch
angenommen wurde. (Z. Z.)
Mailand, 3. Mai. Wir sind am Vorabend großer
Ereignisse. Die piemontesische Armmee hat eine gelungene
Bewegung gemacht, die entweder die Oestreicher vom Tirol
abschneidet, oder sie zwingt, nicht nur die Schlacht anzunehmen,
sondern sie zu suchen. DaS erste Gefecht hatte in Pastrengo
statt, welches von den Piemontesen besetzt wurde; ebenso wur-
de Buffolengo angegriffen und genommen, und wir dürften
bald erfahren, sie haben sich auch auf dem linken Etsch-Ufer
festgesetzt. Damit wären dann die Piemontesen Meister der
Straße des Tirols; auf einem andern Fleck nur, aber das
Gleiche wird erreicht, was Napoleon 1797 bei Nivoli eben-
falls an der Etsch erzwang. (Z. Z.)
Paris, 5. Mai. Eines der ersten Dccrete, welche der
Nationalversammlung vorgelcgt werden sollen, wird die völlige
Trennung aller Culten vom Staat aussprechen; die Cultcn
werden vom Staate fortan keine Geldbewilligung mehr erhal-
ten, alle aber gleich geschützt werden, Auch eine allgemeine
 
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