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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 28.1918

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Heft 5/6
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Bettingen, Frida: Meda
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Lieberg, Erna: Beim Schneeglockenpflücken
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Rüttenauer, Benno: Drei historische Novellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26488#0118

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Medea.

Es ist etwas in mir, das grübelt, drängt,
und strebt, und sinnt,
und war nicht,
und ist da.

Erst wie der Farben zartestes Gewölke,
wie sie die Götter nach Gewittern mischen,
dann ist es Sturm,

der immer wachsende, der nie gekannte,
der wie mit angestammten Heimatsrechten
hier, in Medeens Brüsten heimlich wohnt.

Jch will nicht. Nein.

Was kümmert mich der Fremde!

Fremd mir in Sitten, Sprache und Gebrauch,
befeindet von den Meinigen,

betrogen!

Den Meinigen?

Sind meine Schritte an die ihren nicht
zu unverrückten Aielen gleich gebunden? —

Sie sinnen Arges.

Ach, wie warn ich ihn!

Mit einem Ruf verliert die Mutterlose

den Vater auch,

und Heimat und Gefährten.

Arglos, vertrauend, und das schöne Licht
edler Gesinnung auf den kühnen Aügen,
den angebeteten — so kommt er jetzt,
so geht er hin,
so geht er zu den Meinen,

(die Waffen seh ich nicht, die Waffen).

Und so betritt der Gläubige die schweren Säulenhallen,
wo List und Lüge schon gewisterlich
in allen Pfeilerecken hockend lauern.

Mein König, ach, mein Vater,

nur ein Ruf,

der spaltet mich von dir,

und kann sich schnell genug nicht überstürzen.

Jhr Schmerzen, o zerreißt Medeens Herz,
es will, es kann sich

langer nicht betrügen:

Aurück! Iurück!

O Jason — liebster Jason. f780sl

eim Schneeglockenpflücken.

Gestern, als ein Sturmwind ging,

Pflückt' ich Schneeglocken für dich viele.

Da begegnet' mir ein fremdsam Ding:

Als ich eine schöne brach im Stiele,

Wurde mir's, als sei ich selbst der Tod,

Jener Tod, der bei dir steht in Flandern.

Und die weißen Blumen schienen rot,

Als ich eine pflückte nach der andern. f79lst

Erna Lieberg.

rei historische Novellen.

Von Benno Rüttenauer.

Der Papst und der Abt.

Papst Sirtus V. war vor seiner Erhebung auf den
Stuhl des heiligen Petrus ein großer Theologe, dem in
der Welt nichts so wichtig schien, als mit der glimmenden
Lampe des Aristoteles die dunkeln Abgründe der Mystik
zu durchleuchten; nach seiner Krönung mit der Tiara
aber wurde er vor alleni ein strenger Handhaber welt-
licher Ordnungen und gewissenhafter Verwalter größter
und kleinster Dinge, also daß er nicht nur von den wilden
Banditen der abruzzischen Berge, sondern auch von den
behaglichen Männern der Amtsstuben und Kanzleien
gefürchtet wurde wie das höllische Feuer.

Nicht nur die verwickelten Fäden der hohen Politik,
die ihm besonders die Könige von Frankreich und Spanien
und nicht zum wenigsten die jungfräuliche Beherrscherin
der britischen Jnseln argerlich genug zu verknoten trach-
teten, ließ er keinen Augenblick sich entgleiten, er hatte
auch noch Ieit übrig und verachtete es nicht, in wohl-
geregelten Wollmanufakturen und Seidenspinnereien
harmlosere Fäden zu zwirnen, deren Bedeutung für die
Wohlhäbigkeit der päpstlichen Kassen ihm ebenso ein-
leuchtete, wie das Nützliche dieser Wohlhäbigkeit selber.
Denn wenn er auch von früh auf zum Orden dessen ge-
hörte, der die Armut für seine Braut erklart hat, wclches
eben eine Mystik ist, so war er doch auch eines Bauern
Sohn, nämlich des Schweinezüchters Pietro Peretti zu
Grottamare bei Montalto, davon er manches im Blut
haben mochte.

Nur wenige Wochen nach der Thronbesteigung dieses
sozusagen modernen Papstes erhielt der Abt von
St. Blasius zu Spoleto eine plötzliche Vorladung nach
Rom vor den Heiligen Vater. Der bejahrte Benediktiner
schüttelte bedenklich dcn Kopf, denn eine derartige
Ladung konnte wohl nur bedeuten, daß der Vorgeladene
entweder offen verklagt oder heimtückisch denunziert
war und sich vor dem Statthalter Christi persönlich zu
verantworten habe.

Und damit hatte es der silberhaarige Klosterregent
in der Tat getroffen; wenigstens konnte er kaum noch
daran zweifeln, als nach dem Pantoffelkuß dcr Papst
mit dem Kapuzinerbart und dem harten Bauerngesicht
in strengem Ton und unter forschenden Blicken das Wort
an ihn richtete. Danach nämlich war Seiner Heiligkeit
zu Ohren gekommen, daß der Abt ein gewissenloser
Verschwender sei, der zwar nicht durch üppigen Wandel,
aber durch falsche Gutmütigkeit und sträflichen Leicht-
sinn das Klostergut seiner Abtei wiederholt in Schaden
gebracht hätte.

Der greise Sohn des heiligen Benedikt bekam vor
dieser Beschuldigung ein über und über rotes Gesicht,
daß der Haarkranz seiner Tonsur noch schneeiger als ge-
wöhnlich darüber aufleuchtete; wenn aber der Papst
und ehemalige Barfüßermönch daraus etwa die Be-
schamung eines Schuldbewußten hätte ablesen wollen,
wäre er damit in einen bösen Jrrtum verfallen. Was
vielmehr diesem Mönch niit seiner leidenschaftlichen
Seele einen roten Kopf machte, war eine tief gefühlte

los
 
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