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Kekulé von Stradonitz, Reinhard [Editor]; Rohden, Hermann von [Oth.]
Die antiken Terrakotten (Band I): Die Terracotten von Pompeji — Berlin u.a., 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.947#0023
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EINLEITUNG

Das andere Puteal ist vollständig erhalten, doch sind
die Ränder, wie es scheint, bei eifrigem Gebrauch beschä-
digt, auch die Nüsse scheint hie und da ungünstig ein-
gewirkt zu haben. Das eigenartige, lebendige Ranken-
ornament, das mit grosser Sorgfalt geformt und bis ins
Detail deutlich und rein ausgepresst ist, kann nicht den
letzten Jahrzehnten Pompeji's angehören. Ihm am nächsten
verwandt sind die Reliefs des Taf. VII l (vgl. unseren Holz-
schnitt S. 5) abgebildeten Wasserkastens aus casa de' Niobidi
und die ähnlichen von Grit* pl. 50 publicirten Stücke aus
der Basilica. Auch die Triglyphen weisen auf eine frühere
Zeit. Aber zu den ältesten Putealen wird auch dies nicht
zu rechnen sein. Zu ihnen gehören vielmehr solche, wie
sie sich noch in dem alten, doch später sehr veränderten
Kalksteinatrium Reg. VI is. 14 n. 37 oder in dem kleinen
Säulenatrium neben der Fullonica (vgl. Nissen, Pomp.
Stud. 664. Fiorclli, Descr. 124) finden. Von letzterem
gibt Rossini's Abbildung Taf. 15 eine ungenügende Vor-
stellung. Auf einer breiten Basis erhebt sich der runde
glatte, nur wenig sich verjüngende Schaft, welcher unter-
halb des stark ausladenden Randes mit Triglyphen ge-
schmückt ist. Die tiefen Scilrinnen zeugen von langdauern-
dem Gebrauch. — .Der andere Brunnen, dem ein sehr
zerstörtes und in späterer Zeit unigekehrtes Exemplar im
alten Nachbarhause n. 3S ähnelt, ist cylindrisch, Rand und
Basis sorgsam profilirt; der glatte Schaft zeigt wieder
Triglyphen und zwischen ihnen kleine Stierköpfe, das ganze
ist mit einer feinen alten Stuckschicht überdeckt. (Vgl. Bull,
d. J. 1S7S, 1S7.) An allen diesen Brunnen ist der gleiche,
überaus grobkörnige, harte Thon verwendet, der sich auch
bei den verhältnissmässig alten Traufrinnen aus casa di
Salhistio, casa del Fauno u. a. findet. Es ist kein Zweifel,
dass sie, wie letztere, der ersten für uns nachweisbaren
Decorationsperiode angehören.

Die grosse Masse der übrigen Brunnenmündungen be-
darf hier keiner Besprechung, da sie künstlerisch vollkommen
wertlos sind und durchgängig der späteren Epoche ihren
Ursprung verdanken. Der Thon ist im allgemeinen weniger
grobkörnig und meist hochrot, oft sind vor dem Brennen
in die vorspringenden Ränder ähnliche Ornamente flüchtig
eingepresst, wie sie sich bei spaten Stirnziegcln z. B.
Taf. XV und XVI 1 verwendet finden, um das gelockte Haar
zu bezeichnen. ■— Nur Ein Puteal weicht von dieser Gattung
in Thon und Arbeit sehr ab. Es ist das im Thermopolium
Reg. VII is. 3 n. 2S von Fiorelli, Descr. 206 genannte pit-
teale drfla cistema aus sehr hartem und feinem gebrannten
Thon. Es ist sehr schwer, cylindrisch, mit einem fast zu
mächtigen oberen Rand; der glatte Schaft ist mit einer
hübschen Guirlande, mit Schleifen und Bändern in starkem
Relief verziert.

Ob das eigentümliche Gefäss (Taf. XXVII 3), dessen
Abbildung mir wegen der an ihm angebrachten Atlanten
wünschenswert schien, auch zu dieser Reihe zu stellen ist,
vermag ich nicht zu sagen. Jedenfalls finden sich auch
Puteale dieser Art; das interessanteste wol in dem kleinen
Häuschen Reg. VII is. 15 n. II. Es verjüngt sich ziemlich
bedeutend, hat einen ungewöhnlich weiten Durchmesser,
(oben 0,40), ist wie das unsere am Rand mit kleinen Löwen-
lind Frauenköpfclicn gcselimückt, und zeigt darunter in
starker Relieferhebung an drei Seiten eine 0,30 hohe
weibliche Gewaudfigur bis zu den Knieen in Vorderansicht;
ihr rechter Arm ist in die Seite gestützt, im linken trägt
sie einen Korb. Einige verwandte Stücke siebt man im

ist schlechtes Machwerl

letz-

kleinen Musen
ter Zeit.

Die Brunnenniündungcn können, wie mau sieht zur
Beurteilung des Ktinstgcscliniacks in Pompeji und seines
allmählichen Wandels nur in sehr bescheidenem Masse
herangezogen werden; nur in wenigen Stücken erheben
sie sich über das alltägliche und notwendige; sie machen
keinen Anspruch darauf als Zierde des Hauses; sondern
als unentbehrliches Inventarstück zu dienen.

Anders verhält es sich mit jener grossen Galtung archi-
tektonischer Ornamente, die neben den Figuren von pom-
pejanischen Terracotten fast allein in Betracht kommen, den
Traufrinnen und Stirnziegcln. Sie waren kein zwingen-
des Bedürfnis; sie waren in erster Linie ein Schmuck, und
konnten ebenso gut fehlen wie jene Phantasiekapitelle unter
dem Thürsturz der oskischen Häuser, an deren Stelle wir
nur allzu oft einen groben hässlichen Tuffblock wahrnehmen.
Overbeck hat mit Recht bemerkt, dass der gebrannte Thon
grade an solchen Stellen verwendet wurde, die der Nässe
ausgesetzt waren. Freilich meint Schöne bei Nissen, Pomp.
Stud. 14, der dunkle Tuff scheine gegen Einwirkung der
Luft und Witterung nicht empfindlich. Doch verdankt er
seine gute Erhaltung bei feineren Gliederungen, z. B. an
Kapitellen, zumeist wol seiner Stuckbeldeidung; und die
Tatsache, dass wir ihm fast niemals begegnen wo die
Feuchtigkeit ihm wirklich gefährlich werden konnte, ist ein
Zeichen, dass man ihm in dieser Hinsicht nicht allzuviel
zutraute. Gerade da war der unverwüstliche gebrannte Thon
am Platze. Und so lange es Ziegeldächer in Pompeji ge-
geben hat, hat man sich zu ihrem Schmucke der Thon-
oniamente bedient. Ihre Verwendung an jener Stelle ist
indes in Pompeji eine sehr beschränkte. Schon oben ward
erwähnt, dass F'irstziegel und Akrotericn sich für Pompeji
nicht nachweisen lassen. Selbst die Zahl der gefundenen
Stirnziegel ist, wenn man nach den Fundberichten und dem
in Neapel und Pompeji vorhandenen Material urteilen darf,
eine im Durchschnitt sehr massige. Scheinen doch sogar
viele Öffentliche Bauten dieses Schmuckes entbehrt zu
haben.

Das Dach des Juppihrteinpels war gewiss nicht aus
Marmor, und doch scheint von einer Sinia und Stirnziegeln
keine Spur vorhanden. Dass vom griechischen Tempel nur
das eine Fragment Taf. I erhalten ist — freilich scheint man
im vorigen Jahrhundert noch mehr gekannt zu haben —,
kann, bei dem traurigen Zustande, in dem jener Tempel
sich schon vor dem Vesuvausbruche befunden haben muss,
nicht Wunder nehmen; viel auffälliger ist es, dass von dem
Traufkranze des Vemtstempels nur so wenige Stücke auf
uns gekommen sind. Romanelli (1817) 159 spricht freilich
von violä tegoli terminati a maschcroni, die noch vom san-
tuario vorhanden seien. Vielleicht gehören die auf Taf, II
abgebildeten einem früheren Bauwerk an und sind bei der
Restauration des Tempels nach 63 nur als unverwendbar
liegen geblieben. Zu dieser Vermutung würde wenigstens
ihr altertümlicher Charakter und der feine Stuck stimmen,
der in der neronischen Zeit gewiss, wie bei allen anderen
architektonischen Gliedern, von einer neuen dicken Stuck-
schicht überdeckt wäre. Ist aber dies richtig, so würde
dem Tempel in seiner letzten Gestalt ebenso wie dem
Juppitertempel eine Traufrinne gefehlt haben. Das gleiche
gilt vom Porticus. Breton3 62 sagt zwar: tiufoitr tiu per-
 
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