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ERKLÄRUNG DER TAFELN
[Jeberschlag. Der Kopf mit mehrfach gescheiteltem Haar
und unedler Gesichtsform ist etwas nach rechts gewandt,
der linke mit einem Armband geschmückte Unterarm ist
zierlich nach oben gebogen, die Finger berühren kokett
dns Gewand oberhalb der Brust; der rechte gebrochene
Arm war seitwärts gestreckt.
Diese Figur ist eins der am sorgfältigsten bearbeiteten
Beispiele der in der römischen Zeit in Pompeji beliebten Tech-
nik. Der Thon ist überaus fein und leicht, von heller gelblicher
Farbe. Wie immer ist die Rückseite fast glatt und ohne
Brennloch, Unten ist die Figur offen, man sieht dort, wie
die dünne Thonschicht auch im innern sauber geglättet ist.
Die Oberfläche tragt noch eine gut erhaltene ziemlich dicke
Lage von milch weisser Deckfarbe, sonst aber keine Farb-
reste. Der obere Teil ist von Rauch und Feuer geschwärzt,
ausserdem bemerkt man hier, wie an vielen pompejanischen
Terracotten, kleine Asciiflecken. Höhe 0.2S.
Im Museo Nazionalc (n. 7625). Sie ward gefunden
am 10. Juni iSöi im Atrium der casa del Citarista
Reg. I is. 4 n. 5 zugleich mit Taf. XXX 2 und Taf. XXXIX 2.
Den fehlenden rechten Arm scheint man nachträglich am
3. September entdeckt zu haben.
Tafel XXIX.
Die Gottheiten aus dem sogenannten Aesculap-
tcmpcl. Es hat über ihnen ein eigentümliches Schicksal
gewaltet. Schon über 100 Jahre bekannt, unter den bisher
gefundenen pompejanischen Thonfiguren die grossesten, bei
jeder Besprechung des kleinen Heiligtums, wenn auch oft
in seltsamster Entsteilung, erwähnt, sind sie doch nur
wenigen, die Minervabüste in unserm Jahrhundert wol
keinem wirklich genau bekannt geworden.
Die Figuren wurden am 27. September 17G6 gefunden.
Der sehr genaue Fundbericht lehrt, dass sie in der cella
sopra mipodio standen, also nicht etwa, wie noch Gell ■' 1S8
angibt, auf dem grossen Tuffaltar, der übrigens damals
noch mit Stuck verkleidet war. Vgl. Nissen, Pomp. Stud. 174.
Wie die drei Figuren von so verschiedener Grosse11) —
die stehende Göttin ist 2,07, der Gott 1,85, die Büste jetzt
0,31 hoch — auf diesem Podium ihre gemeinsame Auf-
stellung haben finden können, ist schwer zu begreifen.
Vermutlich standen die grossen Statuen neben einander,
die Büste in der Mitte vor ihnen; entscheiden lässt es sich
nicht. Vgl. Fiorelli, Descr. 35S. Eigentümlich ist ferner
die Angabc, dass man, als Anfang October die Figuren
vom Podium abgehoben und dem Bildhauer Canart zur
Restauration übergeben wurden, unter der Statue des
Gottes zwei Bronzemiinzeu fand, von denen es heisst: Sl
conoscevano essere State messe ad arte c fabbrkate con
la calcc skssa che fermava la statua. Leider erfährt man
nichts über das Gepräge dieser Münzen. Möglicherweise
dienten sie wie bei der Grundsteinlegung unserer Gebäude
als Urkunde über die Zeit der Aufstellung.
Die Figuren waren also bei der Katastrophe an Ort
und Stelle verblieben, nicht einmal von ihrem Podium
herabgeworfen, doch sind sie nicht ganz unbeschädigt ge-
blieben. Bei der Minerva sind die beiden auf die Schultern
fallenden Locken gebrochen, ebenso die drei Helmbüsche.
Indes gibt der Bericht die Höhe als etwas grösser an
") Es schien für die richtige Würdigung der Büslc notwendig sie
auf unserer Tnfel in größerem Massslnbc zu geben, als dies bei den beiden
ganzen Figuren mOglich wnr.
(0.395 state °or)> vielleicht ist später noch mehr zerstört
wie denn jetzt: auch das Gorgoneion in der Mitte de-
Schildes fehlt, Wichtiger sind die Beschädigungen an de
Statuen. Gebrochen waren la mano cd II.piede shtistro dcll
iioiiio, la iesta (zum 4. October heisst es la veste, was natür-
lich ein Druckfehler ist), la viano sinistra dclla donna- n-l
resto pol sono In varie parH lesionate.\ Davon legt denn
auch eine genauere Prüfung der beiden Statuen ein beredtes
Zeugnis ab. Winckclmann, Werke IV 99 sah sie noch
im Museum zu Portici, Gerhard Neap. Ant. Büdw. 16
bespricht sie unter c\cn Sculpturen des Neapler Museums
seit l'inati, Mus. Bourb. II 77. $4, 85 scheinen sie in den
Terracottenzimmern ihren ständigen Platz gefunden zu
haben.
t. Die weibliche Statue »in enger gegürteter ärmel-
loser Tunica und mit einem um den Leib und die linke
Schulter umgeschlagenen Mantel- (Gerhard) steht auf dem
linken Bein, während das rechte stark seitwärts zurück-
gesetzt ist. Der rechte Arm ist auf die Hüfte gestützt,
der linke gesenkt mit etwas vorgebogenem Unterarm, Der
Kopf mit einem Diadem geschmückt macht eine unbe-
deutende Wendung nach links. Die gute Erhaltung, die
Finati und Clarac den Statuen nachrühmen, ist bei dieser
am wenigsten bemerkenswert. Die Oberfläche ist ausser-
ordentlich verschmiert. Wie weit die ganze Brustpartie
alt ist, lässt sich nicht sagen, auf das Gesicht ist gar kein
Wert zu legen. Augen, Nase, Mund und Kinn, grosse
Teile des Haars, das Diadem sind ebenso wie vieles am
Gewand mit Gyps restaurirt. Die Arme sind alt, doch
ist die linke Hand angesetzt und an den Fingern viel
ergänzt. Die Hand scheint etwas gehalten zu haben, doch
erlauben die Ergänzungen darüber kein sicheres Urteil.
Die Rückseite (ohne Brcnnloch) ist nur angelegt. Schon
die Fundbcrichte bemerken von den Figuren, sie seien mit
Hülfe zweier Formen, für die vordere und hintere Hallte.
verfertigt [e da ossavarc d! csser falle a- ditc gellaie). Gerhard
hebt hervor, dass der aus der langen Tunica hervortretende
Fuss auf hoher Sohle stehe. Jedoch sind die Sohlen bei
beiden Statuen nicht hoher, als es der Grösse der Figur
angemessen ist. Dass von der roten Farbe {colore lacca),
mit der man bei der Auffindung die Gewänder bemalt sali,
jetzt so gut wie nichts mehr erkennbar ist, wird bei der
erwähnten Uebcrarbeitung der Figur niemand Wunder
nehmen. Aus dem gleichen Grunde ist auch ein Urteil
über die Güte der Arbeit erschwert, doch wird man neben
den »übermässig langen* und doch schwerfälligen Formen
und der steifen unschönen Stellung immerhin auch von
»mangelnder Ausführung und fabrikmässiger untergeordneter
Behandlung« reden können, die seit Gerhard wiederholt
gerügt worden sind. Vgl. Clarac pl. 420A, 727 A. Over*
beck3 90. 495. Höhe der ganzen Figur 2,07, des Gesichts
0,165. Breite der Basis o,So.
2. Die männliche Statue mit rechtem Standbein
und vorgesetztem linken Fuss hat den Mantel unter der
Brust um den Leib geschlagen, ein Zipfel fällt nach vorn über
die linke Schulter und den Oberarm bis zum Oberschenkel
herab. Der linke Unterann ist wie bei Taf. XXX 1 etwas
vorgebogen, der rechte hangt gesenkt am Körper herab.
Der Kopf mit leidenschaftlich bewegten Zügen ist in Bart
und Haar »von entschiedenemJuppiterscharaktcr.-, ein L'ch-
kranz {c/te pajono dl lauro heisst es in dem Fundbericht)
liegt auf dem Haupte.
ERKLÄRUNG DER TAFELN
[Jeberschlag. Der Kopf mit mehrfach gescheiteltem Haar
und unedler Gesichtsform ist etwas nach rechts gewandt,
der linke mit einem Armband geschmückte Unterarm ist
zierlich nach oben gebogen, die Finger berühren kokett
dns Gewand oberhalb der Brust; der rechte gebrochene
Arm war seitwärts gestreckt.
Diese Figur ist eins der am sorgfältigsten bearbeiteten
Beispiele der in der römischen Zeit in Pompeji beliebten Tech-
nik. Der Thon ist überaus fein und leicht, von heller gelblicher
Farbe. Wie immer ist die Rückseite fast glatt und ohne
Brennloch, Unten ist die Figur offen, man sieht dort, wie
die dünne Thonschicht auch im innern sauber geglättet ist.
Die Oberfläche tragt noch eine gut erhaltene ziemlich dicke
Lage von milch weisser Deckfarbe, sonst aber keine Farb-
reste. Der obere Teil ist von Rauch und Feuer geschwärzt,
ausserdem bemerkt man hier, wie an vielen pompejanischen
Terracotten, kleine Asciiflecken. Höhe 0.2S.
Im Museo Nazionalc (n. 7625). Sie ward gefunden
am 10. Juni iSöi im Atrium der casa del Citarista
Reg. I is. 4 n. 5 zugleich mit Taf. XXX 2 und Taf. XXXIX 2.
Den fehlenden rechten Arm scheint man nachträglich am
3. September entdeckt zu haben.
Tafel XXIX.
Die Gottheiten aus dem sogenannten Aesculap-
tcmpcl. Es hat über ihnen ein eigentümliches Schicksal
gewaltet. Schon über 100 Jahre bekannt, unter den bisher
gefundenen pompejanischen Thonfiguren die grossesten, bei
jeder Besprechung des kleinen Heiligtums, wenn auch oft
in seltsamster Entsteilung, erwähnt, sind sie doch nur
wenigen, die Minervabüste in unserm Jahrhundert wol
keinem wirklich genau bekannt geworden.
Die Figuren wurden am 27. September 17G6 gefunden.
Der sehr genaue Fundbericht lehrt, dass sie in der cella
sopra mipodio standen, also nicht etwa, wie noch Gell ■' 1S8
angibt, auf dem grossen Tuffaltar, der übrigens damals
noch mit Stuck verkleidet war. Vgl. Nissen, Pomp. Stud. 174.
Wie die drei Figuren von so verschiedener Grosse11) —
die stehende Göttin ist 2,07, der Gott 1,85, die Büste jetzt
0,31 hoch — auf diesem Podium ihre gemeinsame Auf-
stellung haben finden können, ist schwer zu begreifen.
Vermutlich standen die grossen Statuen neben einander,
die Büste in der Mitte vor ihnen; entscheiden lässt es sich
nicht. Vgl. Fiorelli, Descr. 35S. Eigentümlich ist ferner
die Angabc, dass man, als Anfang October die Figuren
vom Podium abgehoben und dem Bildhauer Canart zur
Restauration übergeben wurden, unter der Statue des
Gottes zwei Bronzemiinzeu fand, von denen es heisst: Sl
conoscevano essere State messe ad arte c fabbrkate con
la calcc skssa che fermava la statua. Leider erfährt man
nichts über das Gepräge dieser Münzen. Möglicherweise
dienten sie wie bei der Grundsteinlegung unserer Gebäude
als Urkunde über die Zeit der Aufstellung.
Die Figuren waren also bei der Katastrophe an Ort
und Stelle verblieben, nicht einmal von ihrem Podium
herabgeworfen, doch sind sie nicht ganz unbeschädigt ge-
blieben. Bei der Minerva sind die beiden auf die Schultern
fallenden Locken gebrochen, ebenso die drei Helmbüsche.
Indes gibt der Bericht die Höhe als etwas grösser an
") Es schien für die richtige Würdigung der Büslc notwendig sie
auf unserer Tnfel in größerem Massslnbc zu geben, als dies bei den beiden
ganzen Figuren mOglich wnr.
(0.395 state °or)> vielleicht ist später noch mehr zerstört
wie denn jetzt: auch das Gorgoneion in der Mitte de-
Schildes fehlt, Wichtiger sind die Beschädigungen an de
Statuen. Gebrochen waren la mano cd II.piede shtistro dcll
iioiiio, la iesta (zum 4. October heisst es la veste, was natür-
lich ein Druckfehler ist), la viano sinistra dclla donna- n-l
resto pol sono In varie parH lesionate.\ Davon legt denn
auch eine genauere Prüfung der beiden Statuen ein beredtes
Zeugnis ab. Winckclmann, Werke IV 99 sah sie noch
im Museum zu Portici, Gerhard Neap. Ant. Büdw. 16
bespricht sie unter c\cn Sculpturen des Neapler Museums
seit l'inati, Mus. Bourb. II 77. $4, 85 scheinen sie in den
Terracottenzimmern ihren ständigen Platz gefunden zu
haben.
t. Die weibliche Statue »in enger gegürteter ärmel-
loser Tunica und mit einem um den Leib und die linke
Schulter umgeschlagenen Mantel- (Gerhard) steht auf dem
linken Bein, während das rechte stark seitwärts zurück-
gesetzt ist. Der rechte Arm ist auf die Hüfte gestützt,
der linke gesenkt mit etwas vorgebogenem Unterarm, Der
Kopf mit einem Diadem geschmückt macht eine unbe-
deutende Wendung nach links. Die gute Erhaltung, die
Finati und Clarac den Statuen nachrühmen, ist bei dieser
am wenigsten bemerkenswert. Die Oberfläche ist ausser-
ordentlich verschmiert. Wie weit die ganze Brustpartie
alt ist, lässt sich nicht sagen, auf das Gesicht ist gar kein
Wert zu legen. Augen, Nase, Mund und Kinn, grosse
Teile des Haars, das Diadem sind ebenso wie vieles am
Gewand mit Gyps restaurirt. Die Arme sind alt, doch
ist die linke Hand angesetzt und an den Fingern viel
ergänzt. Die Hand scheint etwas gehalten zu haben, doch
erlauben die Ergänzungen darüber kein sicheres Urteil.
Die Rückseite (ohne Brcnnloch) ist nur angelegt. Schon
die Fundbcrichte bemerken von den Figuren, sie seien mit
Hülfe zweier Formen, für die vordere und hintere Hallte.
verfertigt [e da ossavarc d! csser falle a- ditc gellaie). Gerhard
hebt hervor, dass der aus der langen Tunica hervortretende
Fuss auf hoher Sohle stehe. Jedoch sind die Sohlen bei
beiden Statuen nicht hoher, als es der Grösse der Figur
angemessen ist. Dass von der roten Farbe {colore lacca),
mit der man bei der Auffindung die Gewänder bemalt sali,
jetzt so gut wie nichts mehr erkennbar ist, wird bei der
erwähnten Uebcrarbeitung der Figur niemand Wunder
nehmen. Aus dem gleichen Grunde ist auch ein Urteil
über die Güte der Arbeit erschwert, doch wird man neben
den »übermässig langen* und doch schwerfälligen Formen
und der steifen unschönen Stellung immerhin auch von
»mangelnder Ausführung und fabrikmässiger untergeordneter
Behandlung« reden können, die seit Gerhard wiederholt
gerügt worden sind. Vgl. Clarac pl. 420A, 727 A. Over*
beck3 90. 495. Höhe der ganzen Figur 2,07, des Gesichts
0,165. Breite der Basis o,So.
2. Die männliche Statue mit rechtem Standbein
und vorgesetztem linken Fuss hat den Mantel unter der
Brust um den Leib geschlagen, ein Zipfel fällt nach vorn über
die linke Schulter und den Oberarm bis zum Oberschenkel
herab. Der linke Unterann ist wie bei Taf. XXX 1 etwas
vorgebogen, der rechte hangt gesenkt am Körper herab.
Der Kopf mit leidenschaftlich bewegten Zügen ist in Bart
und Haar »von entschiedenemJuppiterscharaktcr.-, ein L'ch-
kranz {c/te pajono dl lauro heisst es in dem Fundbericht)
liegt auf dem Haupte.