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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0020
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I )ie hier abgebildete signierte Hagenauersche Hansel-
medaille — die treffliche zweite, ein burlesk drapiertes Brust-
bild und Modell aus Buchs in der Sammlung von Figdor zu
W ien —') ist, wie ich zu meiner Überraschung fand, getreu-
lich verwendet an dem Pfeiler des Narrenbrunnens zu Ett-
lingen, einem prächtigen Renaissancewerk voll übermütiger
Derbheit, mit dem Meister der Narren- und Weisheitssprüche
oben auf dem Postament, der die holde Jugend mit der
Pritsche trifft (Abbild. 4). Auf der Tafel, die der Knirps hält,
stehen die Worte: »Las ■ mich • unferact • bedenck • der •
weit • wysheyt ■ und • bracht • ist • vor • got • ein • dorhet •
geacht.« Die meisterhafte, selten gut erhaltene Schöpfung
des unbekannten Künstlers, der dem Schöpfer des Heidel-
berger Renaissancekamins im Ruprechtsbau, Conrad Forster,
nicht fern stand,2) trägt die Jahrzahl 1549.

Der Markgraf selbst liebte trotz seines Symbols »Schertze
nicht mit Ernst« Spaße und Spaßvögel, wie Barth. Sastrow
in seiner Lebensbeschreibung mehrfach davon zu berichten
hatte, als er noch beim gestrengen Kanzler Oswald Gut (seit
1544) in der fürstlichen Schreibstube zu Pforzheim saß.3) Jörg
Wickgram weiß in seinem allbekannten »Rollwagenbüchlein«
lustige Streiche von Emsts Hofnarren Kunz zu erzählen, der
vom Taubenschlag heraus seine aufgeblasene Rede an den
unten in Fronleichnamsprozession daherziehenden Mark-
grafen hält.4)

Uber die Bautätigkeit des Markgrafen Ernst ist bei der
Dürftigkeit der Akten wenig zu erfahren. Und sehr umfang-
reich wird dieselbe in der neuen Residenz auch nicht eewesen

o

sein. »Zu Hove wurt ersparlich Hauss gehalten, das es
gleichwoll fürstlich und loblich,« berichtet Barth. Sastrow in
den erwähnten Lebenserinneruns>'en aus der Pforzheimer Zeit,

') Abb. bei Habich, 1. c. Tafel E, 2.

2) Uber Conrad Forster, den Meister des herrlichen Kamins im
Heidelberger Schloß (1546), der Wappentafeln am dortigen Ruprechts-
und Gläsernen Saalbau (1549), des 1544—-1547 erbauten Erkers an der
Reg.Kanzlei zu Amberg und des Prachtkamins im ehem. Schloß zu Neu-
markt (zwei Konsolen davon, mit des Bildhauers Heidelberger Monogramm
in einer Arabeske an der einen, in den Sammlungen des dortigen Rat-
hauses, das übrige seit 1861 im Bayr. Nat.Museum), vgl. H. Rott, Ott-
heinrich und die Kunst, 1905, p. 76, 90 f., 95 f. Dazu E. Schaefer, Die
Kaminteile aus dem Pfalzgrafenschloß zu Neumarkt, im 4. Jahresbericht d.
Hist. Vereins f. Neumarkt u. Umgeb. IV (1907), 161 ff. Abbildung der
Konsolen mit Signatur; Die Kunstdenkm. d. Königr. Bayern. Oberpf. u.
Regensburg Heft XVI (1909), 130 u. XVII (1909), 60; Thieme - Becker,
Künstlerlex. XII (1916), 222. — Hier werden jedesmal die Arbeiten des
C. f. signierenden Meisters dem von mir aufgefundenen Heidelberger
Bildhauer und besten Renaissancemeister nach Peter Elötner, Conrad
Forster, zugeschrieben. Hiernach die Angaben in den Bad. Kunstdenk-
mälern, Heidelberg (VIII, 2) p. 404, 409 f., 430 (v. Oechelhaeuser) zu
ändern, ebenso bei Fr. Hoeber, Die Kunstdenkm. zu Groß-Steinheim a M.
und der Meister C. F. (= Aschaffenb. Geschichtsbl. II [1908]).
:!) Nik. Reusner, Symbolorum heroicorum Über singularis, 1608, p. 144. — Barth. Sastrowen Herkommen, Ge-
burt und Lauff, ed. G. Chr. Fr. Mohnike (1823), I, 265 f.

4) Bibl. d. Lit Vereins in Stuttgart CCXXIX (1903) p. 136 f. (Bolte).

Abbild. 4.
Der Narrenbrunnen zu Ettlingen.

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