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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0071
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seinem Posten weichen müssen —, noch einen Fruchtspeicher auf die alte Abteikirche baute,
begann gleichzeitig schon die Aufmauerung der Fundamente am geplanten Schloß, die der
aus Karls Zeit uns bekannte Benedikt Roth, der welsche Unternehmer aus Lovere, mit
seinem Landsmann Peter Vier ausführte.x) Gegen Ende des Jahres nahm man Änderungen im
ursprünglichen Bauplan vor; die Klosterkirche wurde im folgenden Jahre niedergelegt und an
Stelle eines kleineren, anscheinend zweitürmig vorgesehenen Schlosses der 1589—1590 all-
mählich erweiterte jetzige Renaissancebau mit vier Eck- und einem mittleren Treppenturm
an der Westfront errichtet.

Um brauchbare Kräfte anzuwerben, wurde neben dem Durlacher Michael Schwarz der
tüchtige Pforzheimer Maurermeister und Steinmetz Kaspar Schneider, der mit seinem Bruder
Jakob gleichzeitig Bauten für die Stadt Oppenheim ausführte, vom Markgrafen im Februar 1589
nach Straßburg, der Haupthütte und dem Vorort der deutschen Steinmetzenbruderschaft, und
andern Orten geschickt. Er brachte dann im Lauf des Jahres über 20 Meister und Gesellen
nach Gottesau zusammen.2) Ich nenne darunter Jak. Erb von Straßburg, Theob. Lienhard
von Offenburg, Hans Jakob und Hans Caspar von Ettlingen, Stoffel von Baden, vielleicht
ein Nachkomme des Bildhauers Christoph von Urach und Christoph von Baden, Mang
Erterich von Staufen und Kasp. Huber, die beide bald darauf bei dem Heilbronner Bau-
meister Hans Kurtz in Arbeit traten.3) Kaspar Schneider selbst ist der Verfertiger des reichen,
feinprofilierten Hauptgebälkes mit konsolengestützter Hängeplatte am dritten Stockwerk,
das längst verschwunden und in seinem Hauptgesims nur an den obersten Turmgeschossen
erhalten ist.

War Salzmann Paul Murers rechte Hand bei den Maurer- und Zimmerarbeiten, so hatte
der Steinmetzpalier Hans Weigel von Weilheim in den Jahren 1588—1591 die Aufsicht über die
Steinmetzhütte auf dem Bauhof zu Gottesau und Durlach. Für die Schar dieser Steinmetzen
hatte der Markgraf am 28. April 1589 eine eigene »Ordnung« erlassen. Als Auswärtiger
brachte es Weigel mit seinen 16 Gesellen bei Markgraf Ernst Friedrich durch Streik fertig,
daß der einheimische Werk- und Baumeister Mich. Hornung, Salzmanns Kollege, von der Bau-
leitung weichen mußte.

Im Sommer 1589 schlug Georg Salzmann bereits den Dachstuhl zu dem fertigen Teil
auf, zu dem damals schon Schiefersteine aus der Moselgegend geliefert wurden.4) Den
Dachstuhl zu dem letzten Abschnitt des »newen Gotzauwer Haubtbauw« zimmerten die Meister
im Herbst 1590 und Frühjahr 1591;5) die Italiener Benedikt Roth und Peter Vier richteten
1590 und 1591 die Riegelwände im zweiten und dritten Stock des Schlosses ein. Von dem
ersteren war Oktober 1591 die Schneckenstiege vollendet worden, ebenso die »vier Rundöl«
im vierten Stock, dessen Giebel wie die Querwände im Innern. Der Hofbaumeister Paul
Murer und sein Bauzahler, der markgräfliche Rat Joh. Eck von Durlach, nahmen daraufhin
die von den welschen Maurern verrichteten Arbeiten ab.

So gelangte der Schloßbau unter der Oberleitung Murers — er hatte auch alle Verdinge
mit den Meistern während der Bauten abzuschließen — und der tüchtigen Werkführuno- Salz-
manns und Weigels rasch voran und war mit Beginn 1594 außen im Rohbau ganz und im

') Von Lovere stammten auch der früher im Durlachischen tätige Stephan Bernard, Paul Murers Mitunternehmer
in Straßburg, und Jost Augustin. — Die eigentlichen italienischen Namen aus den verdeutschten nicht mehr festzustellen.
— Eine Abrechnung z. B. über hochgeführtes Mauerwerk am »Hauptbau« mit dem Maurermeister Peter Vier am
17. Dez. 1588. Ein Verding wegen Arbeiten am Schloßbau, geschlossen von P. Murer mit Bened. Roth und Vier am
25. März 1589. Gottesauer Bauakten.

2) Repert. f. Kunstwissensch. XII, 363.

3) R. Schadow, D. Specklin p. 31.

4) Am 21. Januar 1589 wird der Kostenüberschlag für den Dachstuhl gemacht und derselbe mit andern
Zimmerarbeiten an Salzmann und Hans Deschler von Pforzheim vergeben. Damals der Neubau durch Abbruch
der Abteikirche verlängert.

°) Ernst Friedrich an den Forstmeister Martin von Zimmern zu Pforzheim 1 5. April 1591. Gottesauer Bausachen.

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