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Muzeum Narodowe <Breslau> [Hrsg.]; Muzeum Śla̜skie <Breslau> [Hrsg.]
Roczniki Sztuki Śląskiej — 13.1983

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Rozprawy
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Starzewska, Maria: Fundacje artystyczne Andrzeja Jerina, biskupa wrocławskiego 1586-1596
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https://doi.org/10.11588/diglit.13737#0108
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Maria Starzewska

ais auch im Bereich der Politik (u.a. betreffs der
polnischen Fragen) geltend gemacht. Ais Gesandter
des Kaisers Rudolph II. hatte Jerin fiinf Mai Reisen
nach Polen unternommen; zunachst verbanden sie
sich mit der dynastischen Politik des Habsburger
Hofes, dann standen sie im Zusammenhang mit der
Griindung des antitiirkischen Biindnisses durch den
Kaiser.

Die zahlreichen Stiftungen des Bischofs repra-
sentieren alle beinahe Kunstbereiche, so dafi sie
insgesamt ein Bild des Niveaus und der Stilwandlun-
gen der Kunst gegen Ende des 16. Jh. in Schlesien
abgeben. Die Bedeutung dieser Stiftungen besteht
auch darin, dafi sie der letzte Ausdruck der Renais-
sancekunst in Breslau sind, jener Stilorientierung,
die ein Bild der (vor allem btirgerlichen) Kunst die-
ser Stadt bot, indem sie nach italienischen und nie-
derlandischen Vorbildern griff.

Im Bereich der Befestigungskunst—neben den Erd-
wallen in Wiązów (Wansen) — vereinbarte Jerin zu-
nachst, im Jahre 1587, mit dem Stadtrat in Neifle die
Verstarkungsm6glichkeiten der Wehrfahigkeit der
Bischofsstadt. Er liefl es aber nicht dabei bewenden
und bestellte 1594 b'ei Hans Schneider, dem Architek-
ten Breslaus, einen Plan moderner Festungswerke.
Schneider entwarf Fortifikation vom frtihen neu-
italienischen Typus, die damals in Schlesien eine
Neuigkeit waren. Dieser Plan wurde jedoch nicht
ganzlich ausgefiihrt.

Zu den wichtigsten Unternehmungen im Bereich
der Architektur gehórte der Ausbau des Bischofs-
schlosses in Otmuchów (Ottmachau), der die Erhó-
hung des nordóstlichen Fliigels um ein Stockwerk,
den Aufbau des zweistockigen nordwestlichen Flii-
gels und die Verzierung aller Fassaden durch Sgraf-
fitos erfafite. Der Bischof hatte sich zum Ziel gesetzt,
eine angemessene Residenz im Bischofsstaat zu
schaffen. Unter den Herrenhófen, die auf Jerins
Anregung erbaut wurden, blieb der Herrenhof in
Siestrzechowice (Grunau) teilweise erhalten (er war
in den Jahren 1693-^1594 fur den Neffen des Bischofs
gebaut worden). Neben den Sgraffitos, die die Fas-
saden verzierten, dem Portal im Serlio-Typus und
dem Hof mit Kreuzgangen wurde hier in der Eintei-
lung des Innenraumes der Hauptflugel mit zwei
Trakten angewendet. Es ist eine der friihesten L6-
sungen dieser Art in Schlesien. Andere durch Jerin
gestiftete Bauten: die Hofe in Maciejowice (Mitter-
witz, 1589), und Ujazd (Gesess, 1595), die Rochus-Ka-
pelle in der Pfarrkirche in Paczków (Patschkau),
ais auch die Kirche in Hefmanovice (1588) unterlagen
einem vollstandigen Umbau im 18. und 19. Jh. Zu
den Stiftungen im Architekturbereich konnte noch
die Umgestaltung des Innenraums des Presbyteriums
im Breslauer Dom angeschlossen werden, die zwecks
der Gewinnung einer Umfassung fur den Hauptaltar
und das bischofliche Grabmal durehgefiihrt wurde.

Die am zahlreichsten vertretenen Stiftungen Jerins
kommen aus dem Goldschmiedebereich, die alle fur
die Kultuszwecke vorgesehen und in der Werkstatt
des Breslauer Gołdschmiedes Paul Nitsch ausgefiihrt
wurden. Das wertvollste dieser Erzeugnisse ist der
Hauptaltar im Breslauer Dom (1590) mit Silberfigu-
ren, Passionsszenen in der Mitte des Polyptychons
und den Schutzheiligen Schlesiens, des Domes und

des Stifters — auf den Innenfltigeln. Von den Gold-
erzeugnissen sind auch zwei Hausaltare des Bischofs
(1586), ein Kelch von auffallenden. gotischen Remini-
szenzen in seiner Form (etwa 1590), ais auch einige
Munzen und Medaillen erhalten. Vom Bereich ande-
rer Handwerkzweige sind die Bestellungen des
Bischofs auf kirchliche Paramente bekannt, wie ein
durch Applikationen verziertes MeBgewand, Glasbe-
cher mit einer diamantgravierten Dekoration u.a.

Von den gestifteten Malereiwerken blieben die
AuBenflugel des Hauptaltars im Breslauer Dom er-
halten, die 1591 von Bartholomaus Fichtenberger ge-
malt wurden. Sie sind ein Beispiel fur die klassizi-
sierende Stromung des Manierismus in Schlesien.
Ebenso wie die Silberfiguren auf diesem Altar sind
sie ein Ausdruck der konservativen Richtung, die
auf die friiheren Renaissancekanons zuriickschaute;
somit bildet auch der Altar eine insgesamt sehr ein-
heitliche Ganzheit. Nicht erhalten sind die Wandma-
lereien in der Andreas-Kapelle, die sich im siidwest-
lichen Turm des Breslauer Domes befindet, wie auch
drei Portrats des Bischofs. Die letzteren sind uns
jedoch aus Reproduktionen bekannt. Zwei von ihnen
(reprasentativen Charakters) stammen aus dem Jahr
1587 und scheinen von derselben Hand gemalt zu
sein, das dritte stellte die Biiste Jerins dar und be-
fand sich ehemals im Besitz der Familie des Bischofs.
Vom Bereich der Graphik sind vier Exlibris und ein
Superexlibris bekannt, die alle — trotz geringer Stil-
unterschiede — durch Motive des Rollwerks verziert
sind.

Das wertvollste Werk unter den erhaltenen Stif-
tungen Jerins ist sein eigenes Grabmal im Presby-
terium des Breslauer Domes, das wahrscheinlich in
der Werkstatt Friedrich Gross' und Geert Hendricks
ausgefiihrt wurde. Das z.T. im letzten Weltkrieg
beschadigte Grabmal besitzt eine unversehrte Mar-
morplatte mit Relief, das die Biiste des Bischofs
darstellt. Wahrend die ganze Einfassung des Grabmals
auf deutliche Einfliisse der niederlandischen Kunst
hinweist, ist das Relief selbst ein Beispiel fur eine
Reminiszenz der italienischen Renaissancekunst. Zu
den Skulpturstiftungen kann noch ein Bildstock
mit vier Reliefen aus Siestrzechowice (1593—1594)
angerechnet werden.

Die Stiftungen des Bischofs Jerin waren meist mit
seinem Bestreben verbunden, Glanz und Bedeutung
der katholischen Kirche zu erheben, ihre Position
gegeniiber dem Protestantismus zu starken. Im Falle
Jerins darf also nicht von Kunstforderung in vollem
Sinne dieses Begriffes gesprochen werden. Seine
Bestellungen richtete Jerin einzig an die Kiinstler,
die in Breslau arbeiteten; und ihre Namen, die zu
den damals bedeutendsten gehoren, zeugen von sei-
nem persónlichen Geschmack und seiner Gewandt-
heit, ais auch von dem Niveau des Bedarfes. Die
von Jerin bestellten Werke kennzeichnet ersichtlich
ein Eklektizismus, der fur die Kunst Breslaus aus
dem Ende des 16. Jh. typisch war. Dieses Ineinander-
greifen der Stile, und — im Resultat — ein bestimm-
ter Konservatismus waren ohne Zweifel, wenn auch
vielleicht nur indirekt, vom Bischof bewufit erstrebt,
da sie seinen didaktischen Zwecken gut entsprachen.

iibersetzt von M. Adamski
 
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