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Ambrosius sind nach drei Jahren noch einmal verzeichnet. Die Lehrlinge Alexander (1537)
und Bartel (1540) sind aus späteren Jahren nicht als Gesellen überliefert; dies kann ein Zufall
der Überlieferung sein. Nach Beendigung der größeren baugebundenen Arbeiten bis zum
Jahre 1538 ist die große Arbeitsgemeinschaft wohl aufgelöst worden. Bei der Ausmalung der
Spiegelstube über dem Großen Wendelstein erschien Cranach 1540 mit zwei neuen Gesellen:
Paul Rüss und Hans Rentz, neben dem erwähnten Knaben Bartel. Bei der Abrechnung von
1545 über Arbeiten im Kirchenflügel des Torgauer Schlosses erscheint Cranach wiederum mit
sechs Knechten für die Dauer von zwölf Wochen im Sommer; aus diesem Jahr ist ein Geselle
Thomas überliefert. Rechnet man für die Torgauer Arbeiten die Söhne Hans und Lucas hinzu,
von denen Hans im Jahre 1537 schon als Meister anzusehen ist, so haben zeitweise wohl bis
zu zehn Maler unter Cranach auf dem Bau gearbeitet. Bei Abrechnungen über gleichzeitig
ausgeführte Arbeiten werden in der Regel sechs Gesellen bezahlt. Die Sechszahl, in der zeit-
weilig Cranachs Söhne einbegriffen waren, scheint die größte Stärke der Werkstatt anzugeben.
Unabhängig von Cranachs Werkstatt wurden noch vier einzelne Maler bezahlt: Meister Os-
wald Schnitzer, Sebastian Adam, der zusammen mit einem Lehrjungen arbeitete, Benedictus
und Stephan, von denen der eine oder andere Cranachschüler gewesen sein mag.

Alle erwähnten Künstlernamen bleiben schattenhaft. Die beiden norddeutschen Cranach-
schüler Hans Kemmer [269], tätig seit 1522m Lübeck, und Franz Timmermann, 15 3 8 bis 1540
von der Stadt Hamburg in Cranachs Lehre geschickt [270], erscheinen in deutlicheren Um-
rissen. Ein einziges großes Werk von einem Meister der Cranachschule, der Flügelaltar der
Kapelle von Schloß Mansfeld, ist mit einem bestimmten Namen in Verbindung zu bringen:
Hans Ritter, genannt Döring, aus Wetzlar. Dieser Künstler war zwischen 1511 und 1558 in
Diensten der Grafen von Solms und der Grafen von Mansfeld tätig und scheint um 1514
Cranach nahegestanden zu haben. [271]

Einige hervorragende Werke sind benutzt worden, um Gruppen mit Notnamen in die
Kunstgeschichte einzuführen. Eine Pseudo-Grünewald-Gruppe der älteren Forschung ist auf-
geteilt worden unter den Meister des Pflockschen Altares, den Meister der Erasmusmarter
und den Meister der Gregorsmessen. [272] Als weitere gute Schulwerke bieten sich das Altar-
werk in der Stephanskirche zu Aschersleben [273] und das Martyrium der heiligen Barbara in
New York [274] an. Die jüngsten Bearbeitungen erwähnen die älteren Benennungen noch,
rücken jedoch von näheren Festlegungen ab. Die Instrumente stilkritischen Vorgehens
scheinen an dem Berg der Cranach-Schulwerke zunächst abzugleiten. Vielleicht ist es möglich,
in einzelnen Fällen archivalische Untermauerungen zu den ersten Sichtungen des Materials
nachzuliefern. Der Spielraum möglicher Namen würde dann eingegrenzt werden.

Besonders schwierig ist die Einordnung großformatiger Tafeln. Wem sollen die Gemälde
des Neustädter Altares von 1510/12 [275], die Zehn-Gebote-Tafel von 1516 aus dem Witten-
berger Rathaus [276], die große Christusfigur in Zeitz [277], die großen Tafeln der Halleschen
Altarwerke [278], die großen Flügel aus dem Westchor des Naumburger Domes [279], der Altar
Tafel 199 der Wittenberger Stadtkirche [280] zugeschrieben werden? Die Annahme, daß ein Wander-
künstler außerhalb der Wittenberger Werkstatt für sie verantwortlich war, wird niemand ernst-
haft aufrechterhalten können. Es handelt sich größtenteils um Werke von hervorragender
Provenienz, die ohne besondere Empfehlung, Erfahrung und den Einsatz eines Stabes von
eingeübten Handwerkern kaum zustande gekommen wären. Mehr als bei kleineren Bildern ist
bei ihnen die ordnende Hand des Meisters vorauszusetzen und damit Cranachs unmittelbare
Beteiligung, wenn auch in Angleichung an die Möglichkeiten der jeweiligen Mitarbeiter.

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