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das an Dürers unvergleichlichem Porträt Friedrichs des Weisen [393] aufgerichtet werden
konnte, war Kardinal Albrecht von Brandenburg [394] und dem jungen Kurfürsten Johann
Friedrich [395] vorbehalten. Ein letztes großes Bildnis des älteren Cranach stellte 1537 den Tafel 134
ergrauten Herzog Heinrich von Sachsen in ganzer Figur dar. [396] Späterhin waren es wohl Tafel 187
mehr die kleineren Darstellungen, die noch von dem alternden Meister eigenhändig ausge-
führt worden sind. [397] Ein helles, durchsichtiges Bildnis wie das des kursächsischen Kanz-
lers Dr. Gregor Brück vom Jahre 1533 [398] weist bereits auf die nüchterne Darstellungs- Tafel 133
weise des jüngeren Cranach hin, für den es selbst aber noch nicht in Anspruch genommen
werden kann.

Bildnisse von Kindern sind Cranach mehrmals besonders gut gelungen. Diese Wert-
schätzung spricht noch aus der Erwähnung seines eigenen Kinderbildnisses von Cranachs
Hand, das Kaiser Karl V. auf dem Kriegszug von 1547 mit sich geführt haben soll. [399] Eine
Neigung des Künstlers zeigen schon der Holzschnitt des dreijährigen Herzogs Johann Fried-
rich zu Pferde [400], das Bildnis des Herzogs als Blumenknäblein auf dem Katharinenaltar Tafel 27
von 1506, die Kinder mit dem Weidenschlitten auf dem Altarwerk in Frankfurt von 1509, der Tafel 35
Holzschnitt der Heiligen Sippe. [401] Das Kind erscheint weniger als Gegenstand eingehender
Studien, es ist aus seiner eigenen Welt verstanden. Dieses Aufgehen in den jungen Gesichtern,
die er malte, befähigte zu außerordentlichen Lösungen, wie den Bildnissen in Detroit [402],
den Prinzen Joachim von Brandenburg und Johann von Anhalt in Kinderrüstungen, von Tafeln 113, 114
1520 [403], dem Bildnis eines Mädchens in Paris [404], den kleinen Herzögen Moritz und Tafel 143
Severin von Sachsen von 1526. [405] Der jüngere Cranach setzt auch hierin die Tradition Tafeln 125,126
seines Vaters würdig fort.

Die besonderen Antriebe des gemalten Porträts sind am besten im lebensgroßen Ganz-
figurenbildnis zu fassen, das mit Recht als eine Errungenschaft Cranachs gilt. Das erste erhal-
tene Zeugnis von 1514 vereinigt Herzog Heinrich von Sachsen und seine Frau, wie es scheint,
auf einer Tafel. [406] Cranach entnahm die Anregung wohl der höfischen Bildnisminiatur, die Tafeln 82, 83
er selbst in einem erhaltenen Stammbuch des sächsischen Fürstenhauses fortführte. [407] Im
kleinen Format hat das Bildnis in ganzer Figur nichts Überraschendes, die schöne Tafel einer
Dame mit dem Apfel, kostbar schwarz in schwarz gemalt, nach älterer Überlieferung 1527
datiert [408], ist ein Beispiel hierfür. In voller Größe sind nicht viele Bildnisse dieser Art er- Tafel 132
halten; abgesehen von einer einzelnen Zeichnung [409] sind auch Reiterbildnisse, die Cranach Tafel 120
gemalt haben soll, nicht auf uns gekommen.

(Menschen zu malen, und sie so zu malen, daß sie von allen erkannt werden und zu leben
scheinen), war nach Scheurl <wohl das größte Lob, das nur wenigen Sterblichen zuteil wird).
[410] Das Bildnis des Fürsten, das von Untertanen gegrüßt wurde, wenn es im Fenster sicht-
bar wurde, war eine viel bewunderte Leistung. Die Leibhaftigkeit des Dargestellten wurde in
naivem Sinne angestrebt. Sie ist oft in erstaunlicher Stärke erreicht worden. In der Daseins-
kraft, die auch von unscheinbaren Bildnissen ausgeht, lebt das Geschick Cranachs als Bildnis-
maler. Dabei sind die künstlerischen Mittel meist einfach. Individuell durchgeformt sind wohl
nur die Gesichter und bestimmte Einzelheiten des Beiwerks, Schmuckstücke und Muste-
rungen von Gewändern. [411] Der Künstler stand in dem Ruf, das Malen schwarzer Gewän-
der in hoher Vollkommenheit zu beherrschen. [412]

Die Hände, deren Darstellung viel Studium verlangt, sind dagegen meist gleichgültig
behandelt. Auch bei figürlichen Kompositionen, wie der Torgauer Nothelfer-Tafel, sind sie
oft unterschlagen. Selbst bei den Cuspinian-Bildnissen bleiben die Hände mehr oder weniger

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