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Tafeln 174-179 Verwandlung sind ein beliebter Gegenstand seiner Bilder: Herkules bei Omphale [519], Sim-
son und Dalila. [520] Die Darstellung könnte die Lücke zwischen den Cuspinian-Bildnissen
Tafel 1S2 und dem Jungbrunnen von 1546 [521] in unserer Vorstellung schließen. Das Bild der Göttin
am Brunnen ist mehrmals zu verschiedenen Zeiten aus der Wittenberger Werkstatt hervor-
gegangen. Die frühesten Fassungen, die auffällig arm an Beiwerk sind, befinden sich in Ber-
Tafelnc)), 97 lin-Grunewald [522] und in Leipzig [523]. Das Leipziger Bild, 1518 datiert, zeigt das Thema
in völliger Verschmelzung mit der Vorstellungswelt Cranachs. Das Berliner läßt wie die
Lucretia in Coburg Rückschlüsse auf ein wohl venezianisches Vorbild zu: das rechte Bein in
gewagter Verkürzung, Kopf und aufliegender linker Arm finden sich in dieser Weise bei
Tafel 95 Cranach sonst nicht. Gerade im Motiv nahestehende Fassungen wie in Liverpool [524] und
auf dem Jungbrunnen von 1546 zeigen die bezeichnende Umbiegung in den späten Stil
Cranachs.

Die Venus mit Amor als Honigdieb [525] tritt in späterer Zeit an die Stelle der dunkel
warnenden Venus von 1509. Die Schilderung ist dadurch ins harmlos Erzählende erweitert.
Ein dunkles Thema wurde in relativ späten Jahren 1532/33 mit verschiedenen Gemälden

Tafel Iii der Melancholie nach Dürers Kupferstich von 1514 behandelt. [526] Das gewaltige stilleben-
hafte Bild ist bei Cranach in lebhafte bewegte Vorgänge aufgeteilt. Die geflügelte Verkörpe-
rung menschlicher Veranlagung zerschnitzt einen Stab, ihr Blick schweift über probierende
oder musizierende Kinder zu einem unheimlichen Traumbild, dessen Gegenstück auf Erden
ein durch Verwirrung aufgehaltener Kriegszug ist. Bedrohung und die Vergeblichkeit
menschlichen Tuns scheinen in diesen Bildern verkörpert. Die Jahreszahlen auf ihnen, 1528,
1532, 1533, deuten auf ähnliche Beziehungen zu den Ereignissen einer spannungsgeladenen
Zeit wie bei den Bildern aus der Judith-Geschichte von 1531. [527]

Die Darstellungen der menschlichen Urzeitalter aus den gleichen Jahren entsprangen der
Vorstellung bevorstehender Veränderungen. Der allerseits erwartete Krieg scheint in den

Tafel 192 Bildern des Silbernen Zeitalters, seit 1527 [528], angekündigt. Zwar verweilt die Behaglich-
keit des Malers lieber bei der Ausmalung des Paradieses [529] oder bei den Freuden des Gol-

Tafel 160 denen Zeitalters [530], im kleinen Format für Eingeweihte herrschen die Kämpfe der Männer
vor, bei denen die Klage der Frauen kaum jemals fehlt. Der Gedanke des Wandels der Zeit ist

Tafel 104 vielleicht auch das Anliegen der Darstellungen von Apollo und Diana [531], mit denen Cra-
nach, ebenfalls um 1530, mehr den Kupferstich Barbaris [532] als das Vorbild Dürers [533]
belebt.

Der Held der späteren Darstellungen aus dem antiken Bereich ist oft Herkules. In ihm
scheint die Gestalt des Fürsten verherrlicht, dessen Macht in der geschichtlichen Entwicklung
dieser Jahrzehnte bestimmend wurde. Mit gewisser Vorsicht darf angenommen werden, daß
Darstellungen des Herkules am Scheidewege [534] an die Stelle der noch lange beliebten
Bilder vom Parisurteil traten [535], bis 1548 die Ausbildung einer Allegorie der Tugend
Tafel 105 gelang. Darstellungen des kämpfenden Herkules [536], eine Fassung in Anlehnung an einen
Tafel 10} italienischen Stich [537], kamen an die Stelle Simsons mit dem Löwen. [538] Die Bevorzu-
gung kämpfender Menschen scheint in diesen Jahren sich abzeichnender Kriege allgemein.
Tafeln 174-179 Herkules in erotischer Verkleidung bei Omphale ist eine Neuschöpfung der Zeit um 1532.

[539] In diesem Thema überlagert sich die Darstellung ungleicher Paare, die in den gleichen
Tafel 180 Jahren zu großer Beliebtheit kam [540], mit dem antiken Thema. In ähnlicher Weise können
einige Darstellungen ungleicher Paare im christlichen Sinne als Bilder des Verlorenen Sohnes
[541] oder der Söhne und Töchter Hiobs [542] aufgefaßt werden. In der Auffassung Cranachs

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