Die Kunst der Homerischen Zeit.
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gegangenen)[Kunst eine wichtige Errungenschaß: be-
wahrt, die für die ganze Entwicklung der griechischen
Vasenmalerei grundlegend geworden ist. Ähnlich
ist auch anderes von dem mykenischen Erbe er-
halten geblieben. Wir wißen — und es stimmt
das zu dem Fehlen erhaltener Spuren einer eigenen
Architektur dieser Zeit in Griechenland — von Weiter-
benutjung mykenischer Bauanlagen, soweit lie der
Zerllörung in den Stürmen der Völkerwanderung
entgangen waren. Wenn der griechische Anten-
tempel in seiner Grundriß gestaltung auf das my-
kenische Megaron, die dorische Säule auf die my-
kenische Säule als Vorstufen oder Vorbilder zurück-
weisen, so erkennen wir in diesen Zusammenhängen
den Anteil, den die geometrische Zeit, indem lie
der nachfolgenden schöpferischen Epoche das alte Gut
aufbewahrte und übermittelte, an der allgemeinen
Entwicklung der griechischen Kunst gehabt hat.
Die Fundplätje zeigen die Vasen des griechisch-
geometrischen Stils über das ganze Ausdehnungs-
gebiet der griechischen Stämme verbreitet. Diese
Verbreitung ist nur in geringem und lokal be-
schränktem Umfang durch den Handel erfolgt, die
Fundplätje bezeichnen daher im großen Ganzen
zugleich die Fabrikationsstätten. Bei aller Gleich-
artigkeit in der Technik und im Gesamtcharakter
laßen sich lokale Besonderheiten in den Gefäß-
formen und in den Mustern und der Anordnung
der Dekoration unterscheiden und danach verschie-
dene Gruppen und zahlreiche Spielarten feststellen.
Diese haben wir in der S. 110—114 gegebenen
Zusammenstellung, für die die Auswahl der ab ge-
bildeten Stücke so getroffen ist, daß alle wichtigeren
Fundstellen in Proben vertreten sind, zur Anschauung
zu bringen gesucht. Man unterscheidet zwei größere
Gruppen, eine weltliche und eine östliche. Die erstere
hat ihre Verbreitung auf der griechischen Halbinsel,
fast überall an den Stellen, wo früher die ,mykenische‘
Kunst vertreten gewesen war. Die Vasen aus der
Argolis und aus Attika (S. 110—112) bilden in ihr
die Hauptgattungen. Die böotischen und euböischen
Vasen (von Eretria) und die von Delos (S. 113)
leiten zu der ältlichen Gruppe über, in der die Vasen
von Melos und Thera und die von Rhodos und
Kreta (S. 113—114) enger zusammengehörige Gat-
tungen bilden.
Das Unterscheidende in den beiden Gruppen
besiehl hauptsächlich darin, daß in der einen vor-
wiegend verwendete Elemente der Verzierung sweise
in der anderen seltener sind und umgekehrt. In
der weltlichen Gruppe ist ein vollständiges Über-
spinnen des meist in seiner ganzen Fläche hell-
grundig gelaßenen Gefäßkörpers mit aufgemalter
Dekoration so vorhergehend, wie in der östlichen
Gruppe eine Beschränkung der Dekoration auf den
oberen Gefäßteil und ein Leerlassen oder Abdecken
der unteren Gefäßssäche mit dunkler Farbe. Die
Horizontalgliederung ist dort mit umgelegten Streifen,
die meist ununterbrochen durchlaufen, weniger häufig
durch vertikale Zwischenlinien in Felderreihen ge-
teilt sind, stärker betont als in der östlichen Gruppe,
während in dieser eine gesonderte Felderteilung
zwischen den Henkeln beliebt ist, in der ein dem
nordeuropäischen Stil der Steinzeit eigentümliches
Motiv bewahrt erscheint. Solche Abgrenzung eines
Dekorationsabschnittes an der Hauptstelle des Ge-
fäßes führte wie von selbst zu einer Anordnung
der Ornamentmuster in gleichmäßiger auf die Mitte
zu gerichteter Gliederung (S. 113, 3.9; 114,1.6.7.11),
worin schon auf dieser frühen Stufe der Sinn für
dekorativ zusammengefaßte symmetrische Kompo-
sition der Art zum Ausdruck kommt, wie sie in der
Folge im gleichen ostgriechischen Kreise von der
ionischen Kunst gepssegt und auf die figürliche Dar-
stellung übertragen worden ist. Demgegenüber geht
die Dekoration in der westgriechischen Gruppe mehr
auf ein Aneinanderreihen der Muster in fortlaufen-
der Abfolge und bildet darin die Darstellungsweise
vor, die weiterhin die archaisch-dorische und attische
Kunst in der Füllung der Fläche mit beliebig vielen
und kompositionell ohne Bezug aufeinander zu-
sammengestellten Bildfeldern in Metopenreihung
oder mit zusammenhängend vom einen zum anderen
Ende hingeführten Szenen angewendet hat. So
erscheinen die beiden verschiedenen Arten, die eine
mit der Absicht auf Schmuckwirkung von dem zu
dekorierenden Körper oder Raume, die andere mit
vorwiegendem Intereße an der Mitteilung von dem
Gegenständlichen der Darstellung ausgehend, im
Keime schon in der geometrischen Kunst enthalten.
Ein weiterer auffälliger hervortretender Unter-
schied in den Vasen der östlichen und weltlichen
Gruppe besteht darin, daß dort die Ausstattung
durchaus ornamental gehalten ist, hier nicht nur
einzelne Tierfiguren, die gelegentlich, aber nur
ausnahmsweise auch auf jenen erscheinen, sondern
ganze figürliche Szenen in die Ornamentdekoration
lieh eingefügt finden. An solchen sind namentlich die
in Athen gefertigten, nach ihrer ersten, 1872 auf-
gedeckten größeren Fundstelle so genannten Dipylon-
vasen reich. Große Gefäße, die als Grabaussätje
gedient haben (S. 111, 1), sind mit Darstellungen
von Bestattung und Totenklage verziert. Sie bieten
erste Beispiele für die Anwendung eines in Be-
ziehung zu dem Gebrauch der Gefäße gewählten
Schmuckes. Darstellungen auf anderen Vasen schildern
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gegangenen)[Kunst eine wichtige Errungenschaß: be-
wahrt, die für die ganze Entwicklung der griechischen
Vasenmalerei grundlegend geworden ist. Ähnlich
ist auch anderes von dem mykenischen Erbe er-
halten geblieben. Wir wißen — und es stimmt
das zu dem Fehlen erhaltener Spuren einer eigenen
Architektur dieser Zeit in Griechenland — von Weiter-
benutjung mykenischer Bauanlagen, soweit lie der
Zerllörung in den Stürmen der Völkerwanderung
entgangen waren. Wenn der griechische Anten-
tempel in seiner Grundriß gestaltung auf das my-
kenische Megaron, die dorische Säule auf die my-
kenische Säule als Vorstufen oder Vorbilder zurück-
weisen, so erkennen wir in diesen Zusammenhängen
den Anteil, den die geometrische Zeit, indem lie
der nachfolgenden schöpferischen Epoche das alte Gut
aufbewahrte und übermittelte, an der allgemeinen
Entwicklung der griechischen Kunst gehabt hat.
Die Fundplätje zeigen die Vasen des griechisch-
geometrischen Stils über das ganze Ausdehnungs-
gebiet der griechischen Stämme verbreitet. Diese
Verbreitung ist nur in geringem und lokal be-
schränktem Umfang durch den Handel erfolgt, die
Fundplätje bezeichnen daher im großen Ganzen
zugleich die Fabrikationsstätten. Bei aller Gleich-
artigkeit in der Technik und im Gesamtcharakter
laßen sich lokale Besonderheiten in den Gefäß-
formen und in den Mustern und der Anordnung
der Dekoration unterscheiden und danach verschie-
dene Gruppen und zahlreiche Spielarten feststellen.
Diese haben wir in der S. 110—114 gegebenen
Zusammenstellung, für die die Auswahl der ab ge-
bildeten Stücke so getroffen ist, daß alle wichtigeren
Fundstellen in Proben vertreten sind, zur Anschauung
zu bringen gesucht. Man unterscheidet zwei größere
Gruppen, eine weltliche und eine östliche. Die erstere
hat ihre Verbreitung auf der griechischen Halbinsel,
fast überall an den Stellen, wo früher die ,mykenische‘
Kunst vertreten gewesen war. Die Vasen aus der
Argolis und aus Attika (S. 110—112) bilden in ihr
die Hauptgattungen. Die böotischen und euböischen
Vasen (von Eretria) und die von Delos (S. 113)
leiten zu der ältlichen Gruppe über, in der die Vasen
von Melos und Thera und die von Rhodos und
Kreta (S. 113—114) enger zusammengehörige Gat-
tungen bilden.
Das Unterscheidende in den beiden Gruppen
besiehl hauptsächlich darin, daß in der einen vor-
wiegend verwendete Elemente der Verzierung sweise
in der anderen seltener sind und umgekehrt. In
der weltlichen Gruppe ist ein vollständiges Über-
spinnen des meist in seiner ganzen Fläche hell-
grundig gelaßenen Gefäßkörpers mit aufgemalter
Dekoration so vorhergehend, wie in der östlichen
Gruppe eine Beschränkung der Dekoration auf den
oberen Gefäßteil und ein Leerlassen oder Abdecken
der unteren Gefäßssäche mit dunkler Farbe. Die
Horizontalgliederung ist dort mit umgelegten Streifen,
die meist ununterbrochen durchlaufen, weniger häufig
durch vertikale Zwischenlinien in Felderreihen ge-
teilt sind, stärker betont als in der östlichen Gruppe,
während in dieser eine gesonderte Felderteilung
zwischen den Henkeln beliebt ist, in der ein dem
nordeuropäischen Stil der Steinzeit eigentümliches
Motiv bewahrt erscheint. Solche Abgrenzung eines
Dekorationsabschnittes an der Hauptstelle des Ge-
fäßes führte wie von selbst zu einer Anordnung
der Ornamentmuster in gleichmäßiger auf die Mitte
zu gerichteter Gliederung (S. 113, 3.9; 114,1.6.7.11),
worin schon auf dieser frühen Stufe der Sinn für
dekorativ zusammengefaßte symmetrische Kompo-
sition der Art zum Ausdruck kommt, wie sie in der
Folge im gleichen ostgriechischen Kreise von der
ionischen Kunst gepssegt und auf die figürliche Dar-
stellung übertragen worden ist. Demgegenüber geht
die Dekoration in der westgriechischen Gruppe mehr
auf ein Aneinanderreihen der Muster in fortlaufen-
der Abfolge und bildet darin die Darstellungsweise
vor, die weiterhin die archaisch-dorische und attische
Kunst in der Füllung der Fläche mit beliebig vielen
und kompositionell ohne Bezug aufeinander zu-
sammengestellten Bildfeldern in Metopenreihung
oder mit zusammenhängend vom einen zum anderen
Ende hingeführten Szenen angewendet hat. So
erscheinen die beiden verschiedenen Arten, die eine
mit der Absicht auf Schmuckwirkung von dem zu
dekorierenden Körper oder Raume, die andere mit
vorwiegendem Intereße an der Mitteilung von dem
Gegenständlichen der Darstellung ausgehend, im
Keime schon in der geometrischen Kunst enthalten.
Ein weiterer auffälliger hervortretender Unter-
schied in den Vasen der östlichen und weltlichen
Gruppe besteht darin, daß dort die Ausstattung
durchaus ornamental gehalten ist, hier nicht nur
einzelne Tierfiguren, die gelegentlich, aber nur
ausnahmsweise auch auf jenen erscheinen, sondern
ganze figürliche Szenen in die Ornamentdekoration
lieh eingefügt finden. An solchen sind namentlich die
in Athen gefertigten, nach ihrer ersten, 1872 auf-
gedeckten größeren Fundstelle so genannten Dipylon-
vasen reich. Große Gefäße, die als Grabaussätje
gedient haben (S. 111, 1), sind mit Darstellungen
von Bestattung und Totenklage verziert. Sie bieten
erste Beispiele für die Anwendung eines in Be-
ziehung zu dem Gebrauch der Gefäße gewählten
Schmuckes. Darstellungen auf anderen Vasen schildern
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