Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
28

.Julius v. Schlüssen

in Italien bis in die Zeiten Vasaris hinein, der selbst Schüler
eines französischen Glasmalers war, innegehabt hat.

Einen Abschluß solcher Bestrebungen bedeutet eine höchst
merkwürdige Kompilation, die in der ersten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts von einem Laien, Jean Le Begue (1431 als Greffier
der Münze von Paris genannt ), angelegt wurde und einen wahren
Schatzbehalter mittelalterlicher Technik darstellt, in einer Zeit,
die schon neuen Wegen zustrebte. Sie ist nicht nur ihres Ma-
teriales wegen wichtig, sondern vor allem wegen der allge-
meinen historischen Bedeutung, die ihr zukommt. Es ist gewiß
nicht ohne Wichtigkeit, daß damals noch die Tradition des
frühen Mittelalters fortwirkte; denn Lc Begue hat so alte Quellen
wie llcraclius und Theophilus kopiert. Er hat aber außerdem
noch Bezepte von zeitgenössischen Künstlern verwertet,
namentlich die Aufzeichnungen eines französisch - niederländi-
schen Meisters, des Jehan Alcherius, der aus Paris nach Mailand
an den Hof der Visconti kam und in verschiedenen Werkstätton
Frankreicbs und Italiens Bezepte eingesammelt hat. Ein anderes
Bezeptenbuch Le Begues rührt von Peter von St. Omer in der
Normandie (Anfang des 14. Jahrhunderts?) her; er selbst hat
endlich noch ein Wörterbuch der Farben mit Erklärungen bei-
gesteuert. In diesem Zusammenhang nördlicher und südlicher
Werkstattüberlieferung liegt ein nicht geringes Interesse der
Kompilation; sie zeigt wieder einmal deutlich Frankreich als
Mittlerland. Der Traktat Le Begues ist hei Merrifield, Original
Treatises, vol. I, teilweise publiziert. Dazu Berger, Beiträge III,
137, der noch andere deutsche Handscliriften dieser Zeit,
darunter auch ein 1870 in der Bibliothek von Straßburg ver-
branntes Manuskript bespricht, von dem sich jedoch eine Kopie
im Besitz der National Galerie in London erhalten hat (a. a. 0.
III, 154). Anschließen läßt sich hier ein merkwürdiges Schrift-
chen, der Dictionarius des Johannes de Garlandia (Ende
des 11. Jahrhunderts, gedruckt in den Documents inedits
pour 1' histoire de la France, I. Serie, bei Geraud, Paris sous
Philippe le Bei, Paris 1837, p. 380 ff.). Es ist ein BealWörter-
buch für den Bedarf des täglichen Lebens, das die verschie-
denen Handwerke mit ihrer technischen Nomenklatur lateinisch
und französisch behandelt und dadurch nicht ohne Interesse
ist, als ein Vorläufer späterer Werke dieser Art, von denen die
 
Annotationen