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Schmidt, Richard
Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien: Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.2370#0130
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— IOO —

manden, der ihm meldete, der Posten sei abgelöst und mit dem
Toten sei alles in Ordnung, d. h. alles noch in dem Zustande,
wie es vor drei Tagen, als er begraben worden, gewesen. Auf
diese Anzeige hin wurde der Offizier, dessen Glaube an den
Schutz, den der Büßer unter solchen Umständen an seiner
Heiligkeit hatte, weniger fest war als der der Hindus, unruhig,
um so mehr, da er in Verlegenheit kommen konnte, weil die
Sache mit seiner Bewilligung innerhalb des militärischen Ge-
bietes geschehen war und er eine Wache an das Grab gestellt
hatte, und daß er, falls der Mann stürbe, was nach seiner Auf-
fassung bald geschehen mußte, als der Teilnahme an dem Morde
verdächtig, seine Stellung verlieren würde, außer sonstigen
Übeln Folgen.

Deshalb eilte der Offizier nach Hause und schickte sofort
nach dem Chowdrie, der ihn um seine Zustimmung zur Aus-
führung des Unternehmens innerhalb der militärischen Grenzen
angegangen hatte, teilte ihm seine Sorgen und seine Zweifel mit
und forderte die sofortige Ausgrabung des Büßers. Darauf bat
ihn der Chowdrie, keine Sorge um die Sicherheit des begrabenen
Heiligen zu haben, da derselbe schon oft in derselben Weise
begraben worden, und fügte hinzu, derselbe sei so sehr durch
seine Heiligkeit geschützt, daß er auch nach zwölfmonatigem
oder selbst hundertjährigem Aufenthalte im Grabe ganz wohl
sein und sicherlich wieder zu sich kommen würde. Er drang
deshalb in den Offizier, doch denselben, wie es ausgemacht, die
vollen neun Tage im Grabe zu belassen.

Vertrauen in die Militärbehörde und Zuversicht waren bei
dem Brahminen stärker, der in seiner enthusiastischen Über-
zeugung darauf drang, daß die Ausgrabung erst nach völligem
Ablauf der stipulierten Zeit vor sich gehen sollte. Der Offizier
konnte hierin nicht nachgeben, sondern bestand auf der so-
fortigen Ausgrabung des heiligen Mannes; überdies befahl er
zu seinem eigenen Schutze, daß, wenn seine Befürchtungen sich
erfüllten und der Büßer tot gefunden würde, der Chowdrie dessen
Leichnam sofort aus dem militärischen Gebiete entfernen sollte.

Um sich noch mehr vor jedem Mißgeschick zu schützen, ließ
mein Freund sofort sein Pferd satteln und ritt auf das betreffende
Feld, um Augenzeuge der kommenden Dinge zu sein. Als er auf

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