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Schmidt, Richard
Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien: Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.2370#0280
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88. Hat der Geist den lauten Ton aufgegeben, so ergötze
er sich an dem leisen und umgekehrt; aber man soll den leicht-
zerstreuten Geist nicht auf etwas Anderes richten.

89. Auf welchen Laut auch immer sich der Geist zuerst
richte, in den soll er sich ganz versenken, mit dem soll er ver-
nichtet werden.

90. Wie die Blütensaft trinkende Biene sich nicht um den
Duft kümmert, so verlangt auch der in den Näda versenkte Geist
nicht nach den Sinnesgegenständen.

91. Jener spitze Näda-Stachel ist wohl imstande den im
Sinnengarten umherwandernden brünstigen Elephanten, den
Geist, zu zähmen.

92. Durch die Banden des Näda gefesselt legt der Geist
seine Unruhe ab und gelangt zu vollkommener Unbeweglichkeit,
gleich dem Vogel, dessen Flügel gebrochen sind.

93. Der nur auf Eines gerichtete Geist, der die Yoga-
herrschaft zu erlangen wünscht, soll, nachdem er allem Denken
entsagt hat, sich ganz in den Näda versenken.

94. Der Näda ist die Schlinge zum Einfangen der Geistes-
antilope und der Jäger zum Erlegen derselben.

95. Er ist dem Pferd, d. h. dem Geist des Yogin, der Quer-
balken. Daher sollte der Yogin beständig auf die Versenkung
in den Näda bedacht sein.

96. Gerade wie das „gebundene" von seiner Beweglichkeit
befreite Quecksilber durch die Absorption von Schwefel dazu
gelangt, in den unabhängigen Äther zu kommen, so gelangt auch
der gefesselte Geist durch die Absorption des Näda zu Brahma.

97. Gerade wie die Schlange durch das Hören eines Lautes
schnell Alles vergißt, mit gespannter Aufmerksamkeit horcht
und nirgends mehr hinläuft, so auch der Geist.

98. Im Holz ist das Feuer thätig, mit dem Holz hört es auf;
auf den Näda ist das Bewußtsein gerichtet, mit dem Näda wird
es vernichtet.

99. Wenn einer sich auf das Auflegen des Pfeiles, d. h. das
Hemmen des Athems, versteht, so wird es ihm leicht, die Anti-
lope zu erlegen, d. h. das durch Versenkung in die verschiedenen
Näda, wie ghanta (Glocke) usw. starrgewordene Bewußtsein zu
vernichten.
 
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