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Siebentes Kapitel.
mächtigen weitfahrenden Seevolks, während die griechische Sage
den „Orest noch auf dem Landwege answandern läßt, und
Menelaos nur durch Sturm verschlagen nach Aegypten kommt".
Die mykenische Kultur hat hauptsächlich an der Ostküste Grie-
chenlands geherrscht; daraus schloß man, daß sie nicht in das
Land eingedrungen, nicht die Cultur der hier eingesessenen Be-
völkerung, sondern einer von Osten her zugewanderten sei.
Die Frage, welchem asiatischen Stamme eine solche Aus-
dehnung seiner Herrschaft wol am ehesten zuzutrauen sei, ent-
schied Ulrich Köhler ^ für die Karer. Die Karer waren nach
Herodot und Thukydides eine Zeit lang das bedentendste Volk
auf den Jnseln, bis sie von Minos, der zuerst die Seeräuberei
aufhob, unterjocht und nun besonders zur Bemannung der Schiffe
verwendet wurden. Von ihnen soll die Erfindung der Schildhand-
haben, der Schildzeichen und der Helmbüsche herrühren. Thuky-
dides berichtet, daß zu seiner Zeit auf Delos alte Gräber ge-
funden seien, welche, „nach der Ausrüstung mit Waffen" zu
schließen, von den Karern stammen müßten. Für die so auf-
fallend reich mit Waffen ausgestatteten mykenischen Gräber
glaubte man darnach ^dasselbe schließen zu dürfen. Weiter kam
hinzu, daß die in den Schachtgräbern des öftern auftretende
Doppelaxt das Symbol des karischen Zeus ist, daß ein Grab-
hügel (Tumulus) bei Megara Kar heißt, und daß des Jsagoras'
Geschlecht noch zu Herodot's Zeit dem karischen Zeus opfert.
Diese Hypothese wirkte anfangs sehr bestechend. Als maü
aber aus den weitern Funden mehr und mehr sah, wie fest und
dauerhaft und großartig die Herrschaft gewesen sein mußte, welche
die mykenische Cultur zeitigen konnte, als man sah, welch großen
Einsluß sie auf das spätere Griechenthum geübt hatte, wie die
Paläste das unmittelbare Vorbild des dorischen Tempels seien
und die mykenische Säule das der dorischen, als Furtwängler
und Löschcke's große Vasenpublication erschien, mit dem Beweise,
^ Athenische Mittheilungen, 1878, S. 1 fg.
Siebentes Kapitel.
mächtigen weitfahrenden Seevolks, während die griechische Sage
den „Orest noch auf dem Landwege answandern läßt, und
Menelaos nur durch Sturm verschlagen nach Aegypten kommt".
Die mykenische Kultur hat hauptsächlich an der Ostküste Grie-
chenlands geherrscht; daraus schloß man, daß sie nicht in das
Land eingedrungen, nicht die Cultur der hier eingesessenen Be-
völkerung, sondern einer von Osten her zugewanderten sei.
Die Frage, welchem asiatischen Stamme eine solche Aus-
dehnung seiner Herrschaft wol am ehesten zuzutrauen sei, ent-
schied Ulrich Köhler ^ für die Karer. Die Karer waren nach
Herodot und Thukydides eine Zeit lang das bedentendste Volk
auf den Jnseln, bis sie von Minos, der zuerst die Seeräuberei
aufhob, unterjocht und nun besonders zur Bemannung der Schiffe
verwendet wurden. Von ihnen soll die Erfindung der Schildhand-
haben, der Schildzeichen und der Helmbüsche herrühren. Thuky-
dides berichtet, daß zu seiner Zeit auf Delos alte Gräber ge-
funden seien, welche, „nach der Ausrüstung mit Waffen" zu
schließen, von den Karern stammen müßten. Für die so auf-
fallend reich mit Waffen ausgestatteten mykenischen Gräber
glaubte man darnach ^dasselbe schließen zu dürfen. Weiter kam
hinzu, daß die in den Schachtgräbern des öftern auftretende
Doppelaxt das Symbol des karischen Zeus ist, daß ein Grab-
hügel (Tumulus) bei Megara Kar heißt, und daß des Jsagoras'
Geschlecht noch zu Herodot's Zeit dem karischen Zeus opfert.
Diese Hypothese wirkte anfangs sehr bestechend. Als maü
aber aus den weitern Funden mehr und mehr sah, wie fest und
dauerhaft und großartig die Herrschaft gewesen sein mußte, welche
die mykenische Cultur zeitigen konnte, als man sah, welch großen
Einsluß sie auf das spätere Griechenthum geübt hatte, wie die
Paläste das unmittelbare Vorbild des dorischen Tempels seien
und die mykenische Säule das der dorischen, als Furtwängler
und Löschcke's große Vasenpublication erschien, mit dem Beweise,
^ Athenische Mittheilungen, 1878, S. 1 fg.