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Schulz, Fritz Traugott
Typisches der großen Heidelberger Liederhandschrift und verwandter Handschriften nach Wort und Bild: eine germanistisch-antiquarische Untersuchung — Göttingen, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.3971#0012
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reifen darüber von der Königskrone unterscheidet1), auf das
Haupt des Königs zu setzen.

Der Typus des thronenden Herrschers, wie ihn die 3
obengenannten Handschriften in der geschilderten Weise ge-
zeigt haben, tritt in wenig veränderter Gestalt auch in der
Casseler Bilderhandschrift des Wilhelm von Oranse
zu Tage. Doch sind von vorne herein in dieser Handschrift von
den im Eingange dieses Teils aufgestellten Grundzügen einige
kleinere Abweichungen zu constatieren. Zunächst sind die
Beine des Herrschers hoch übereinander geschlagen und zwar
in genau derselben Art, wie wir sie von den Bildern C. 45
Walther von der Vogelweide und B. S. 144, C. 89 Herr
Goeli (der Mann oder die Frau? rechts), C. 103 (Herr) Stein-
mar (der Mann in der Mitte), C. 113 Herr Reinmar von Zwe-
ter (der Knabe links unten), C. 117 Bruder Wernher (der
auf dem Sessel sitzende Herr), C. 140 Kanzler (der Flöten-
bläser), her kennen. Auch hält nicht die Rechte das Scepter,
sondern die Linke. Ferner macht die unbehinderte Hand,
wie auf den Bildern des Codex Balduineus, stets eine der
Situation entsprechende Bewegung.

Dies gilt zunächst von dem Bild auf fol. 8 b, welches
den König Ludwig zeigt, wie er mit 4 Grossen seines Reiches
im Rate beisammen sitzt; es trägt in roten Minuskeln die
Beischrift: Hi sitzet famig loys2) mit (ine ratgeuen und'
sendet boden umme helfe. Der König, welcher mit hoch über-
einandergeschlagenen Beinen auf einem den Sitz der Ratgeber
weit überragenden Sessel thront, hat die Rechte mit dem
Gestus der Rede erhoben; seine Linke hält mit weit abge-
stemmtem Ellbogen ein Lilienscepter; durch die gleichmässige
Haltung der Arme fällt der Mantel nach beiden Seiten sym-
metrisch herab. Das Haupt trägt eine Krone und ist von
dichtem, lockigem blonden Haar umgeben. In der gleichen
Positur sehen wir seinen Vater Karl auf dem Bild auf fol. 7 a,

1) Vgl. Krone Heinrich's VI.

2) loys ist natürlich nach dem afr. Looys gebildet, dessen Ge-
mahlin nach der Ghanson de ge'ste „Le couronnement Looys" Iälan-
chefleur, die Schwester Guillaume's d'Orange, war. Gemeint ist Lud-
wig der Fromme, Karls des Gr. jüngster Sohn und Thronfolger.
 
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