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Schulz, Fritz Traugott
Typisches der großen Heidelberger Liederhandschrift und verwandter Handschriften nach Wort und Bild: eine germanistisch-antiquarische Untersuchung — Göttingen, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.3971#0066
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zwischen Hartmann und Veldeke nicht sowohl als Lieder-
singer, denn als Dichter eines, wie es scheint, malerisch er-
zählenden, aber leider verloren gegangenen Gedichtes, betitelt
„der Umhang" rühmt, dessen auch Rudolf lobend gedenkt in
seiner Alexandreis und später (nach 1247) in der dem Tristan
nachgeahmten Stelle seines Wilhelm 1).

Das Bild auf S. 127 % mit der Ueberschrift Meist' Chün-
rat von Wiirzburg, zeigt unseren grossen mittelalterlichen
Epiker in der linken Bildhälfte nach rechts gewendet auf
einem Sessel sitzend, welcher über einem hohen Podium steht.
Die Linke, welche nur wenig unter dem blauen Pelzmantel
zum Vorschein kommt, fasst an die Ecke des vor ihm ste-
henden Schreibpultes, während die Rechte mit befehlendem
oder hinweisendem Gestus schräg nach unten gegen den
Schreiber hin ausgestreckt ist. Das Haupt, von reichen, blon-
den und bis über den Nacken herniederfallenden Locken um-
geben und mit einer eigentümlich geformten Kappe bedeckt,
ist stark nach vorn geneigt; der Blick auf den Schreiber ge-
richtet. Während so die Figur des Sängers den Eindruck
des Gewaltigen, des Wuchtigen hervorruft, nimmt sich dem
gegenüber der vor dem erwähnten Schreibpult sitzende Schrei-
ber gewissermassen kümmerlich und winzig aus; auf einem
kleinen und niedrigen Schemel hockend, erscheint er, vorge-
beugten Oberkörpers, eifrig mit Schreiben beschäftigt; die
Rechte führt die Feder, die Linke das Messer, mit dessen
Rücken man das Pergament festzuhalten pflegte.

Auf dem Bilde Konrads von Würzburg sahen wir den
Sänger zur Linken, den Schreiber zur Rechten des Bildes
dargestellt. Umgekehrt ist das Verhältnis auf dem Bilde
Bliggers von Steinach, dem 58. unserer Sammlung8), welches
die Ueberschrift Her Bliggc vö Steinach trägt. Hier sehen
wir den Dichter rechts auf der obersten Stufe des die ganze
untere Breite des Bildes einnehmenden treppenartigen Sitzes
dargestellt. Etwas nach der Mitte zu herumgewendet, hat er

1) Von der Hagen, Minnesinger IV, S. 258-259.

2) Vgl. A. von Oechelhaeuser, a.a.O. S. 320—321.

3) Vgl. A. von Oechelhaeuser, a.a.O. S. 203-205.
 
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