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die auf der untersten Stufe ruhenden Füsse übereinanderge-
schlagen und die Rechte, mit dem befehlenden oder hinwei-
senden Gestus schräg nach unten auf den Schreiber weisend,
ausgestreckt, während die Linke auf dem rechten Knie liegt.
Hier kommt auch der Knauf des mächtigen, zwischen den
Beinen ruhenden Ritterschwertes zum Vorschein. Der Ober-
körper ist vornübergebeugt, das mit einem Schapel gezierte
Haupt weit nach vorn gesenkt, der Blick auf den Schreiber
gerichtet. Dieser, als ein winziges, kleines Männlein darge-
stellt, sitzt dem Sänger gegenüber und zwar eine Stufe tiefer
als dieser; vornübergebeugt, ist er emsig mit Schreiben be-
schäftigt ; das linke Bein ist erhoben und dient dem von der
Linken gehaltenen Schriftzettel, auf dem die Rechte zu schrei-
ben scheint, als Unterlage.
Auch hier kann ich der Ansicht Oechelhaeusers,
welcher in dem Schreiber der reicheren Tracht wegen einen
Freund des Sängers erblicken zu müssen glaubt, der jenem
diesen Liebesdienst aus freien Stücken erweise, nicht bei-
pflichten. Der kleinere Massstab, in welchem letzterer ge-
zeichnet ist, kennzeichnet ihn vielmehr einzig und allein als
dienenden Mann.
3. Der Sänger dichtend.
Werfen wir einen Blick rückwärts auf die einzelnen Si-
tuationen, in welchen uns der Sänger vor Augen geführt war,
so muss es uns auffallen, wie verschieden die innere Thätig-
keit desselben äusserlich gekennzeichnet wird. Der trauernde
Dichter musste unsere Teilnahme im höchsten Grade erwecken ;
hier war der tiefe Seelensclimerz völlig in den Bewegungen
zum Ausdruck gebracht. Weniger Bewegung bereits, aber
immerhin noch Bewegung genug, verriet der Typus des dictie-
ronden Sängers. Mit noch viel einfacheren Motiven begnügte
sich der Maler zur Darstellung des dichtenden: hier hält
die eine Hand einen gewaltigen Schriftzettel, während die an-
dere mit silbenzählender Bewegung erhoben ist. Die Manes-
sische Handschrift bietet uns kein Beispiel für diesen Typus,
um so mehr die Weingartner. Von den 3 hier in Betracht
5*
die auf der untersten Stufe ruhenden Füsse übereinanderge-
schlagen und die Rechte, mit dem befehlenden oder hinwei-
senden Gestus schräg nach unten auf den Schreiber weisend,
ausgestreckt, während die Linke auf dem rechten Knie liegt.
Hier kommt auch der Knauf des mächtigen, zwischen den
Beinen ruhenden Ritterschwertes zum Vorschein. Der Ober-
körper ist vornübergebeugt, das mit einem Schapel gezierte
Haupt weit nach vorn gesenkt, der Blick auf den Schreiber
gerichtet. Dieser, als ein winziges, kleines Männlein darge-
stellt, sitzt dem Sänger gegenüber und zwar eine Stufe tiefer
als dieser; vornübergebeugt, ist er emsig mit Schreiben be-
schäftigt ; das linke Bein ist erhoben und dient dem von der
Linken gehaltenen Schriftzettel, auf dem die Rechte zu schrei-
ben scheint, als Unterlage.
Auch hier kann ich der Ansicht Oechelhaeusers,
welcher in dem Schreiber der reicheren Tracht wegen einen
Freund des Sängers erblicken zu müssen glaubt, der jenem
diesen Liebesdienst aus freien Stücken erweise, nicht bei-
pflichten. Der kleinere Massstab, in welchem letzterer ge-
zeichnet ist, kennzeichnet ihn vielmehr einzig und allein als
dienenden Mann.
3. Der Sänger dichtend.
Werfen wir einen Blick rückwärts auf die einzelnen Si-
tuationen, in welchen uns der Sänger vor Augen geführt war,
so muss es uns auffallen, wie verschieden die innere Thätig-
keit desselben äusserlich gekennzeichnet wird. Der trauernde
Dichter musste unsere Teilnahme im höchsten Grade erwecken ;
hier war der tiefe Seelensclimerz völlig in den Bewegungen
zum Ausdruck gebracht. Weniger Bewegung bereits, aber
immerhin noch Bewegung genug, verriet der Typus des dictie-
ronden Sängers. Mit noch viel einfacheren Motiven begnügte
sich der Maler zur Darstellung des dichtenden: hier hält
die eine Hand einen gewaltigen Schriftzettel, während die an-
dere mit silbenzählender Bewegung erhoben ist. Die Manes-
sische Handschrift bietet uns kein Beispiel für diesen Typus,
um so mehr die Weingartner. Von den 3 hier in Betracht
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