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Schulz, Fritz Traugott
Typisches der großen Heidelberger Liederhandschrift und verwandter Handschriften nach Wort und Bild: eine germanistisch-antiquarische Untersuchung — Göttingen, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.3971#0115
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115

Rosse zeigen, haben beide einen Ritt hinter sich. Die allge-
meine Anregung zum Ganzen wird wohl im V. Liede Gün-
thers zu suchen sein, welches in Form eines Tageliedes von
einem heimlichen Zusammenkommen, einem Rendez-vous zweier
Liebenden berichtet.

3. In ähnlicher Weise sehen wir Herrn Alram von Gresten
seiner Dame gegenübersitzend, welche mit stark vorgeneigtem
Haupte in einem aufgeschlagenen Buche zu lesen scheint,
während die Haltung des Dichters die eines Redenden oder
Vortragenden ist, worauf der Gestus des halb erhobenen
linken Armes hinweist.

I. Das letzte Bild endlich, das des Herrn Nünü, führt
uns dio Liebenden vor Augen, wie sie in Begleitung eines
berufsmässigen Schiffers und einer Freundin in einem Nachen
eine Lustfahrt auf dem Wasser unternehmen. Auch hier sind
beide einander zugekehrt, indem sie die Mitte des Fahrzeuges
einnehmen; beider Haupt ist leicht gesenkt; des Sängers
Rechte wie belehrend erhoben, während der Gestus der ent-
sprechenden Hand der Dame Zweifel auszudrücken scheint.

Zu den Darstellungen der zweiten Art gehören die Bilder:
98 von Wissenlo und 105 Herr Reinmar der Fiedler, denen
noch das 6. Bild unserer Sammlung, das des Markgrafen von
Brandenburg mit dem Pfeile, welches den Maler des ersten
Nachtrages zum Urheber hat, beigefügt werden kann.

Den Minnesänger von Wissenlo') finden wir dargestellt,
seiner Gattin auf einer Bank gegenübersitzend und mit sei-
nem kleinen Kinde spielend.

Herrn Reinmar den Fiedler sehen wir im Beisein seiner
Gattin seinem Töchterchen auf der Fiedel zum Tanz auf-
spielen ; sie sitzen auf 2 gesonderten Sitzbänken, die aber
mit ihren Podien in der Mitte de» Bildes zusammenstossen.
Zum Zeichen, dass sich der Vorgang innerhalb des Hauses
abspielt, sind oben im Bilde zwei Kleeblattbögon angebracht.

Das Bild des Markgrafen Otto2) von Brandenburg end-

1) Seine 4 Lieder sind sämtlich Wächterlieder, zumeist fragmen-
tarisch.

2) Es ist Otto IV. 1266—1309; er starb nach Ileinemann, Allg.
 
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