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Seidel, Paul [Hrsg.]; Bode, Wilhelm [Hrsg.]; Friedländer, Max J. [Hrsg.]
Gemälde alter Meister im Besitze Seiner Majestät des Deutschen Kaisers und Königs von Preussen — Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart, [1906]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23711#0124
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frisches Leben, ohne Humor, und seine Färbung ist bleich und unharmonisch, wie das
charakteristische Bild in Sanssouci beweist. (Abbildung- Seite 105.) Das wahre vlämische
Sittenbild verdankt dem Adrian Brouwer seine Entstehung; dieser ist eigentlich der
einzige wirklich geniale Genremaler Antwerpens, dessen Talent aber erst durch seinen mehr-
jährigen Aufenthalt in Holland geweckt und ausgebildet worden ist.

Für die archaistische Richtung der Landschaftsmalerei und die künstlerische Auf-
fassung der vlämischen Landschafter überhaupt sind ein paar Bilder des Jan Brueghel mit
Darstellungen der Elemente in der Galerie zu Sanssouci sehr bezeichnend; das eine
„Erde und Wasser", das andere ,,Feuer undLuft" darstellend. (Abbildungen Seite 106und 107.)
Ohne richtige Beobachtung der Linienperspektive, ohne Kenntnis von Luftperspektive hat
der Künstler nur die Häufung landschaftlichen Details und Belebung durch zahllose Ge-
schöpfe aller Art, die das Motiv zum Ausdruck bringen konnten, angestrebt; und der
Buntheit der Anordnung entspricht die Buntheit der Farben. Die ganze Erde wollte er
in solchen Bildchen zur Anschauung bringen. Wie er sie gab, entzückte er sein Publikum,
das solche Bilder fast so hoch bezahlte, wie die größten Meisterwerke eines Rubens. Nicht
nur zur Zeit Brueghels, durch das ganze 17. und 18. Jahrhundert waren sie in ähnlicher
Weise geschätzt. Entsprachen doch diese Bilder dem Geschmack, aus dem die alten „Kunst-
kammern" entstanden waren, mit all ihren Künsteleien und naturhistorischen Kuriositäten,
mit denen die Räume neben wirklichen Kunstwerken bis unter die Decke angefüllt waren.
Ahnlich reich in Anordnung und Färbung wie seine Landschaftsbilder sind Jan Brueghels
Blumenbuketts, seine Blumen- und Fruchtkränze, aber sie sind dabei einheitlicher in der
Wirkung und harmonischer; die Klein- und Feinmalerei ist hier an ihrem Platze. Ein
Schüler des Künstlers, der Jesuitenpater Daniel Seghers, ist weit matter und kühler in
der Färbung, gewählter in der Komposition. In der Durchbildung, in der Feinheit der
Zeichnung seiner Blumen und Insekten erreicht er seinen Meister. Der Große Kurfürst
scheint besondere Freude an seinen Bildern gehabt zu haben; hat er doch eines derselben
von einer Antwerpener Kirche im Austausch gegen eine Reliquie erworben. Dies Bild
befindet sich jetzt im Kaiser Friedrich-Museum, während das Seite 10 abgebildete Gemälde
im Berliner Schloß aufgestellt ist.

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