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VIERTES BUCH • 1625-1710

gezögert,- dies ermöglichte deren Rettung, da die Landung Gustav Adolfs da-
zwischen kam, die in ihren weitern Folgen das Edikt überhaupt zuFall brachte262).
In demselben Jahr 1629, zu dessen Anfang dieses Edikt erlassen und der
Lübecker Friede geschlossen worden war, bahnte sich ein verändertes Verhältnis
der angrenzenden Staaten zu Deutschland an, indem Richelieu in einem kühnen
Zug über die Alpen durch Eroberung der Hauptfestung des Montferrat Casale
sein Übergewicht gegen den Kaiser und Spanien feststellte, Gustav Adolf aber,
durch die maritimen Pläne des Kaisers besorgt gemacht, endlich eine Verständig
gung mit Dänemark zuwege brachte. So erhob sich Europa gegen die wachsende
Übermacht des Kaisers. Richelieu, der im eignen Lande die Hugenotten über-
wunden hatte, gedachte nun den Gegensatz zwischen der Liga und dem Kaiser
dazu zu benutzen, um letztem seinen Hauptfeind dadurch matt zu setzen, daß er
mit Hilfe der von Schweden geschützten deutschen protestantischen Fürsten den
Herzog Max von Baiern zum deutschen König machen und ihm damit die Nach-
folge auf den Kaisertron sichern wollte. Deshalb vermittelte er zunächst, um
Gustav Adolf den Rüdcen frei zu machen, einen sechsjährigen Waffenstillstand
zwischen Schweden und Polen. Auf dem Kurfürstentage von Regensburg im
Sommer 1630, der eigentlich die Wahl Ferdinands <III> zum Deutschen König
vorbereiten sollte, entlud sich der Unwille der deutschen Fürsten über die Be-
drückungen der Landschaften und die Konfiskationen, die sie durch Wallensteins
Kriegsführung hatten erdulden müssen, in solchem Maße, daß der Kaiser in die
Absetzung seines allmächtigen Feldherrn willigen mußte, der sich darauf im Sep-
tember ohne Widerstand nach Gitschin in Böhmen zurüdczog, wo ihn der Pomp
eines Königs umgab, Kavalire aus den edelsten Häusern den Dienst bei ihm
versahen, 60 Pagen und 50 Trabanten ihn umgaben. Er wußte aus dem Vor-
hersagen der Sterndeuter, daß Größeres seiner harre263).

GUSTAV ADOLF
Unterdessen war Gustav Adolf in Deutschland gelandet. Ende Mai hatte
er gleich einem Sterbenden sein Haus bestellt, sein vierjähriges Töchterchen als
künftige Beherrscherin für den Fall seines Todes eingesetzt und mit den Worten
»seid gerecht, seid gewissenhaft, wandeltunsträflich« sich von den Reichsständen
in Stockholm verabschiedet. Bei Peenemünde landete er am 6 Juli 1630 mit seinen
zweihundert Schiffen, am 19ten war er in Stettin,- als erster war er ausgestiegen,
im Angesicht seines Gefolges kniete er nieder auf Deutschlands Erde und dankte
Gott. Gegen Ende des Jahrs hatte er fast 30000 Mann beisammen,- in dem

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