Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SIEBENTER ABSCHNITT ■ AUGUST DER STARKE (AUGUST II VON POLEN}

Riesensaal aber wurde durch Gemächer ersetzt, die sich in den beiden oberen
Stochwerken übereinanderlagern353). — Aus der Kapelle, die sich August im
Schloß 1700 einrichten ließ, haben sich noch folgende Prachtgeräte der katolischen
Hofkirche erhalten: ein Kruzifix von schwarzem Holz sowie ein Meßkelch,
eine Schüssel und zwei Kännchen, die Thelot für den augsburger Goldschmied
Christian Drentwett gearbeitet hat <Abb. 174—176 bei Gurlitt): in der Sofien»
kirche wird aus der gleichen Zeit ein elfenbeinerner Kruzifixus im Stile Permosers
bewahrt. — Der Mittelteil des Palais am Taschenberg <Taf. 19 bei Gurlitt) wurde
nach 1707 für die Gräfin Cosel durch den Landbaumeister Karger unter Betei»
ligung Pöppelmanns in einem Libergangsstil erbaut. Das ehemals Nossenische
Haus am Schloßplatz, das die Gräfin von Rochlitz bewohnt hatte, diente unter
August dem Statthalter Fürsten von Fürstenberg zum Wohnsitz.
Straßenbeleuchtung wurde erst 1705 eingeführt und zwar nur für die Haupt»
Straßen (seit 1784 auch in den Vorstädten). 1708 gebot der König die hölzernen
Häuser durch steinerne zu ersetzen. Aus dieser Zeit sind bemerkenswert das
Dinglingersche Haus Frauenstraße 9 mit dem fantasiereichen Brunnen im engen
Hof (Abb, Taf. 39 bei Gurlitt) und das vielbesuchte ehemalige Hotel de Pologne
in der Schloßstraße an der Stelle der jetzigen Sächsischen Bank.
Gleich nach dem Abzug der Schweden wurde im November 1707das Rosen»
tal bei Leipzig angelegt. In der Nähe von Warschau ließ der König sich das
Schloß Willanow <die Villa Nova) prächtig ausbauen.
KUNSTERZEUGNISSE.
Während der zweiten Hälfte des 17 Jahrhunderts hatte der Geschmack in
Deutschland sich langsam von dem Tiefstände zu erholen begonnen, zu dem er
in den letzen Jahren Johann Georg I hinabgesunken war. Ein Bau wie der des
Palais im Großen Garten von 1680 stand dank der wohl auf italienische Vor»
bilder zurüdcgehenden Großräumigkeit vereinzelt da, entbehrte aber noch der
wirkungsvollen Hilfe der Bildhauerei, die von den wieder emporgekommenen
Formen der Antike zehrte, im übrigen aber plump geworden war, ohne einen
Ersatz für die geschmeidigen wenn auch manirirten Formen des Barock gefunden
zu haben. Es verlief eine geraume Zeit, bis der von Mansard, Lepautre, Berain
und Lebrun geschaffne Stil Ludwig XIV, der seinen Höhepunkt in der Galerie
des Glaces von 1678 erreicht hatte, nach Deutschland drang. Die fortgesetzten
Kriegserfordernisse hatten Ludwig XIV 1689 genötigt sein Silbergeschirr ein»
schmelzen zu lassen (wie später 1709 auch sein Gold)/ dafür erblühte an den

535
 
Annotationen