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SIEBENTER ABSCHNITT • AUGUST DER STARKE (AUGUST II VON POLEN)
solche mit zwei verschlungnen Delfinen wurde ihm mit 200 Dukaten bezahlt
<Abb. Taf. 96,97>.
In die Anfänge Augusts fällt die erste Tätigkeit des genialen Bildhauers
Baltasar Permoser, der im folgenden Buch zusammenhängend behandelt werden
wird, da er sich namentlich durch die Ausschmüdcung des Zwingers seinen Ruhm
erwarb. —■ Audi der Goldschmied Melchior Dingiinger, dessen Name, ebenso
wie der Pöppelmanns, unzertrennlich mit der Regirung August des Starken ver-
bunden ist, muß für das folgende Buch aufgespart werden, da die Mehrzahl seiner
Werke erst in diese spätre Zeit fällt. Hier aber muß er bereits erwähnt werden,
weil das kraftvolle Eintreten für ihn zu einer Zeit, da er sich noch keinen Namen
durch bedeutende Werke gemacht hatte, einen Ruhmestitel für den Kunstsinn des
Königs bildet, auch durch das erzielte Ergebnis vollkommen bestätigt wurde.
Das goldneKaffeeservice, dasDinglinger 1701, offenbar nach langjähriger Arbeit,
lieferte, bekundet keinerlei Streben nach blos äußerlicher prunkvoller Repräsen-
tation, sondern ist, freilich mit einem außerordentlichen Aufwand an Kunst und
Arbeit in den verschiedenartigsten Herstellungsweisen, dem der ungewöhnlich
hohe Preis von 50000 Talern entsprach, für den intimsten Gebrauch im Kreise
weniger Personen, vielleicht durch die Liebschaft mit der verseh wenderischen F ürstin
Lubomirska veranlaßt, gearbeitet. Da die Sorgfalt und Geschicklichkeit den Künstler
in seinen späteren Werken mehr auszeichneten als Geschmack und künstlerischer
Sinn, so bleibt es nicht ausgeschlossen, daß der König an dem vornehm=maßvollen
Gesamtentwurf selbst mitgewirkt hat, worüber die Zeichnungen im Hofarchiv
wohl Auskunft geben dürften. Jedenfalls hat Dinglinger in keiner seiner späteren
Arbeiten die Höhe der Kunst wieder erreicht, welche dieses Werk auszeichnet.
Das Service baut sich auf einem fast einen Meter langen silbervergoldeten
Untersatz auf, der an den Langseiten mit je einer emaillirten Vase zwischen
Bergkristallfläschchen, an den Schmalseiten mit je einer ovalen Zuckerdose zwischen
emaillirten Flakons, und an den Ecken mit elfenbeinernen Aufsätzen verziert
ist. Der Hauptaufsatz trägt sechs goldne mit bunten Chinesenfiguren emaillirte
Tassen, die so verteilt sind daß an den Schmalseiten sich je eine hohe Deckeltasse
mit elfenbeinernen Figuren der Elemente zu den Seiten, an den Langseiten aber
je zwei kleine Tassen ohne Deckel und überdies Elfenbeinputten befinden, die
ovale goldne Deckelvasen mit emaillirten Schwänen als Henkeln tragen. Der
kleinere oberste Aufbau trägt die mit acht ovalen weiblichen Brustbildern in
Email geschmückte und mit dem Namenszug AR gezierte Kaffeekanne von
reicher fantastischer Form zwischen zwei goldnen emaillirten Deckelvasen <Abb.
Taf. 99,100 und Textabb. 55>.

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