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Sechstes Hauptstiick.
der Architektur und Plastik und der antiken Vasenmalerei, und
zwar der Vorschritt der letzteren.
Und neben dieser gleichsam prinzipiellen und legislatorischen
Einwirkung hatte die Töpferei bei den Alten auch den stärksten
technisch-materiellen Antheil an der Baukunst, nämlich an
der thatsächlichen Ausführung der Bauwerke.
Nur in letzterer Beziehung ist der Antheil der mittelalter-
lichen Töpferei an der gleichzeitigen Baukunst des Orients und
Occidents von fast gleicher Bedeutung, während die Grundsätze
der Architektur nicht eben durch sie beeinflusst wurden. Viel-
mehr herrschte während des ganzen Mittelalters ein einseitiger
Druck von Seiten der Baukunst auf die übrigen Künste, der das
Verhältniss zwischen beiden und die alten Grundgesetze des Stils
gewissermassen auf den Kopf stellte. 1
So haben auch die wichtigsten Erfindungen und bedeutenderen
Erzeugnisse mittelalterlicher Töpferei zumeist nur unmittelbare
bauliche Bestimmungen, was sie anderen Abtheilungen dieser
Schrift anheimfallen macht; wie z. B. die Fussbodenfliesen, die
Getäfel aus Terrakotta, die glasirten bunten Dachziegel, sogar die
Mauerziegel, die schönen mittelalterlichen Ofenkacheln u. a.
Doch fehlte es dem Mittelalter auch nicht an eigentlicher
Kunsttöpferei, vornehmlich hatte diese Kraft sich im Oriente, bei
den Arabern und Mauren, sowie in Byzanz, in gewissem Ansehn
zu erhalten gewusst und sogar neuen Aufschwung gewonnen; ob-
schon der beherrschende Einfluss der Architektur sich auch auf
dieses der Töpferei eigenthümliche Gebiet ausdehnte.
Die mürbe Töpferwaare mit Bleiglasur war schon den Aegyp-
tern, den Chaldäern und selbst den Römern bekannt, obschon sie
bei letzteren, wie es scheint, niemals auf den Rang der Kunst-
töpferei erhoben ward, auch wohl erst in ihrer Verfallzeit Auf-
nahme fand (vde. Brongniart II. 96). Die Chinesen und Japa-
nesen kannten die gemeine Bleiglasur gleichfalls sehr früh, aber
benützten sie, wie Brongniart behauptet, wenig.
In Asien scheint sie traditionell üblich geblieben zu sein, denn
sie findet sich auf den glasirten Ziegeln und Kacheln der ältesten
arabischen Monumente Syriens und Aegyptens (9. Jahrh.) Theo-
philus kennt sie nicht; aber nach Passeri wurden Terrakotta-
Rosetten mit Bleiglasur schon im 11. Jahrhunderte in Italien an-
1 Siehe hierüber das Betreffende in der Tektonik.
Sechstes Hauptstiick.
der Architektur und Plastik und der antiken Vasenmalerei, und
zwar der Vorschritt der letzteren.
Und neben dieser gleichsam prinzipiellen und legislatorischen
Einwirkung hatte die Töpferei bei den Alten auch den stärksten
technisch-materiellen Antheil an der Baukunst, nämlich an
der thatsächlichen Ausführung der Bauwerke.
Nur in letzterer Beziehung ist der Antheil der mittelalter-
lichen Töpferei an der gleichzeitigen Baukunst des Orients und
Occidents von fast gleicher Bedeutung, während die Grundsätze
der Architektur nicht eben durch sie beeinflusst wurden. Viel-
mehr herrschte während des ganzen Mittelalters ein einseitiger
Druck von Seiten der Baukunst auf die übrigen Künste, der das
Verhältniss zwischen beiden und die alten Grundgesetze des Stils
gewissermassen auf den Kopf stellte. 1
So haben auch die wichtigsten Erfindungen und bedeutenderen
Erzeugnisse mittelalterlicher Töpferei zumeist nur unmittelbare
bauliche Bestimmungen, was sie anderen Abtheilungen dieser
Schrift anheimfallen macht; wie z. B. die Fussbodenfliesen, die
Getäfel aus Terrakotta, die glasirten bunten Dachziegel, sogar die
Mauerziegel, die schönen mittelalterlichen Ofenkacheln u. a.
Doch fehlte es dem Mittelalter auch nicht an eigentlicher
Kunsttöpferei, vornehmlich hatte diese Kraft sich im Oriente, bei
den Arabern und Mauren, sowie in Byzanz, in gewissem Ansehn
zu erhalten gewusst und sogar neuen Aufschwung gewonnen; ob-
schon der beherrschende Einfluss der Architektur sich auch auf
dieses der Töpferei eigenthümliche Gebiet ausdehnte.
Die mürbe Töpferwaare mit Bleiglasur war schon den Aegyp-
tern, den Chaldäern und selbst den Römern bekannt, obschon sie
bei letzteren, wie es scheint, niemals auf den Rang der Kunst-
töpferei erhoben ward, auch wohl erst in ihrer Verfallzeit Auf-
nahme fand (vde. Brongniart II. 96). Die Chinesen und Japa-
nesen kannten die gemeine Bleiglasur gleichfalls sehr früh, aber
benützten sie, wie Brongniart behauptet, wenig.
In Asien scheint sie traditionell üblich geblieben zu sein, denn
sie findet sich auf den glasirten Ziegeln und Kacheln der ältesten
arabischen Monumente Syriens und Aegyptens (9. Jahrh.) Theo-
philus kennt sie nicht; aber nach Passeri wurden Terrakotta-
Rosetten mit Bleiglasur schon im 11. Jahrhunderte in Italien an-
1 Siehe hierüber das Betreffende in der Tektonik.