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Siebentes Hauptstück.
hängigen Argumente stilgemäss am besten ab. Doch haben auch
andere Farben, sogar angemessen modificirtes Gelb und Roth als
Gründe des Füllwerks bei entsprechender Stimmung des Ganzen
ihre Berechtigung ; wenn z. B. das Rahmenwerk weiss ist, oder
wie hartes Holz, oder auch metallisch glänzend, somit an festeste
Materie erinnert. Hier wie überall herrscht völlige Freiheit inner-
halb des allgemeinen Gesetzes.
Was immer für Mittel man anwenden will, um ein aufrechtes
dreieckiges Rahmenwerk zur Kunstform zu erheben, so sind da-
bei folgende drei leitende Motive zu befolgen.
Zuerst dessen Dienst als Rahmen, von dem bereits hin-
reichend die Rede war; die ornamentale Symbolik muss auf das
Eingerahmte hinweisen.
Zweitens die struktiveThätigkeit der einrahmenden
Theile. Das Ornament sei der Repräsentant der er-
haltenden Kräfte, denen das Pegma seine Festigkeit
verdankt.
Das horizontale Band des Rahmens ist der Spannriegel,
der die Schenkel des Dreiecks zusammenhält.
Es wird sich daher jedes ornamentale Motiv in Beziehung auf
diese Thätigkeit des gedachten Gliedes mindestens neutral
verhalten müssen. Fehlerhaft sind z. B. senkrechte Kanäle, wie an
den Hängeplatten der Gebälke gewisser römischer Tempel reich-
ster korinthischer Ordnung, oder gar scheitrechte Fugenschnitte,
wie an einigen Fenstergiebeln der Spätrenaissance, weil diese die
Spannfähigkeit des genannten Gliedes für das Auge vernichten.
Gestattet, aber ausdruckslos, in dem hier bezeichneten Sinne, sind
Scheiben (Menisken) oder Rosetten, wie sie häufig auf Hänge-
platten, z. B. auch auf der mittleren Zone des Epistyls der Karya-
tidenhalle zu Athen, angebracht sind.
Geeigneter sind Flechtwerke, Labyrinthe und ähnliche textile
Symbole. Auch sind Mäander und laufende Wellen (Spiralen)
passende Verzierungen, wenn ihre Aufrollungen von beiden Ex-
tremen anfangen und gegen die Mitte zu laufen, wo sie sich treffen.
Dagegen wären dergleichen laufende Ornamente, wenn sie sich
in einer Richtung 1 von rechts nach links oder umgekehrt fort-
1 Gestattet ist das kontinuirlich nach einer Richtung laufende Ornament
in diesen und allen ähnlichen Fällen nur, wenn mehrere parallel über-
einander gelegte Zonen in einander entgegengesetzter Richtung laufende Orna-
Siebentes Hauptstück.
hängigen Argumente stilgemäss am besten ab. Doch haben auch
andere Farben, sogar angemessen modificirtes Gelb und Roth als
Gründe des Füllwerks bei entsprechender Stimmung des Ganzen
ihre Berechtigung ; wenn z. B. das Rahmenwerk weiss ist, oder
wie hartes Holz, oder auch metallisch glänzend, somit an festeste
Materie erinnert. Hier wie überall herrscht völlige Freiheit inner-
halb des allgemeinen Gesetzes.
Was immer für Mittel man anwenden will, um ein aufrechtes
dreieckiges Rahmenwerk zur Kunstform zu erheben, so sind da-
bei folgende drei leitende Motive zu befolgen.
Zuerst dessen Dienst als Rahmen, von dem bereits hin-
reichend die Rede war; die ornamentale Symbolik muss auf das
Eingerahmte hinweisen.
Zweitens die struktiveThätigkeit der einrahmenden
Theile. Das Ornament sei der Repräsentant der er-
haltenden Kräfte, denen das Pegma seine Festigkeit
verdankt.
Das horizontale Band des Rahmens ist der Spannriegel,
der die Schenkel des Dreiecks zusammenhält.
Es wird sich daher jedes ornamentale Motiv in Beziehung auf
diese Thätigkeit des gedachten Gliedes mindestens neutral
verhalten müssen. Fehlerhaft sind z. B. senkrechte Kanäle, wie an
den Hängeplatten der Gebälke gewisser römischer Tempel reich-
ster korinthischer Ordnung, oder gar scheitrechte Fugenschnitte,
wie an einigen Fenstergiebeln der Spätrenaissance, weil diese die
Spannfähigkeit des genannten Gliedes für das Auge vernichten.
Gestattet, aber ausdruckslos, in dem hier bezeichneten Sinne, sind
Scheiben (Menisken) oder Rosetten, wie sie häufig auf Hänge-
platten, z. B. auch auf der mittleren Zone des Epistyls der Karya-
tidenhalle zu Athen, angebracht sind.
Geeigneter sind Flechtwerke, Labyrinthe und ähnliche textile
Symbole. Auch sind Mäander und laufende Wellen (Spiralen)
passende Verzierungen, wenn ihre Aufrollungen von beiden Ex-
tremen anfangen und gegen die Mitte zu laufen, wo sie sich treffen.
Dagegen wären dergleichen laufende Ornamente, wenn sie sich
in einer Richtung 1 von rechts nach links oder umgekehrt fort-
1 Gestattet ist das kontinuirlich nach einer Richtung laufende Ornament
in diesen und allen ähnlichen Fällen nur, wenn mehrere parallel über-
einander gelegte Zonen in einander entgegengesetzter Richtung laufende Orna-