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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 2): Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — München, 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.1300#0394
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Stereotomie (Steinkonstruktion). Technisch-Historisches. 389

auf die Kunst des Maurers und Steinmetzen, als monumentale
Technik, beschränken. *

Indem sie sich diese ihre Stellung, gegenüber den bereits be-
handelten Zweigen der Technik, nur langsam, durch viele Ueber-
gänge, erst eroberte, sie auch überall und immer den obwaltenden
Umständen und den Zeiten nach eine verschiedene war, dürfen
wir, was nun folgt, füglich in den technisch-historischen Theil der
Stereotomie rubriciren und lässt sich so die bisher beobachtete
Ordnung ohne Zwang durchführen. s

. §-165. ',"■'

Die beiden Hauptmomente in der Geschichte der Steinkonstruktion.

Sämmtliche Erscheinungen auf dem ganzen Bereiche der Archi-
tekturgeschichte trennen sich in zwei grossartige Hauptgruppen,
je nach der Art und dem Umfang der Betheiligung der Stein-
konstruktion an der Verkörperung einer architektonisch - räum-
lichen Idee.

Die erste Gruppe fällt in das Gebiet der Steinarchitektur, die
den Steinschnitt nur anwendet. Nach ältester gemeinsamer
Ueberlieferung aller Völker alter Gesittung treten die Stereotomie,
und in letzter Instanz der Steinschnitt, nur dienend auf, theils
zu monumentaler Herstellung der Wandbekleidung, theils zu der
Ausführung eines monumentalen (tektonischen) Gerüstes aus Stein.
Dieses bezeichnet kulturgeschichtlich den ursprünglichsten Stand-
punkt der monumentalen Kunst, obschon letztere an ihm den in
sich vollendetsten Abschluss gewann und in diesem Sinne der Voll-
kommenheitsidee, welche der Ausgang und das Ziel aller Kunst
ist, am meisten sich näherte.

Die zweite Gruppe bilden solche Werke der Baukunst, bei
denen die räumliche Idee unter dem unmittelbaren Einflüsse der
Steirrstruktur Ausdruck fand, bei denen sogar diese Idee selbst
schon durch diesen Einfluss a priori bedungen war, die Empfäng-
mss derselben im Geiste des Baumeisters gleichsam von ihm
ausging. . :.

Dies geschah mit der Einführung des Fugenschnittes, des Bo-
gens, vornehmlich der gewölbten Decke in die Reihe der archi-
tektonischen Kunstformen, nachdem sie lange Zeit hindurch als

' Die Bildnerei aus harten Stoffen wird ohnediess noch in der Metallo-
technik (unter Toreutik) Berücksichtigung' rinden.
 
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