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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 2): Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — München, 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.1300#0396
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Stereotomie (Steinkonstruktion). Technisch-Historisches. 391

gen Gegenden Obermesopotamiens; die Wände bestehen in ihren
unteren Theilen aus Alabaster oder Basaltgetäfeln. 2 Doch ihre
dekorative Behandlung ist keineswegs aus dem Steinstil hervor-
gegangen, sondern eine Bildnerei, in dem was sie darstellt so
wie in der Art und dem Stile der Darstellung identisch mit den
gestickten Wandteppichen, deren mehr architektonisch permanente
Stelle jene Steinplatten vertreten.

Also in materieller Beziehung sind letztere allerdings ein
bedeutender Schritt zur Einführung der Steinkonstruktion in die
Baukunst, aber im kunstsymbolischen Sinne halten sie sogar noch
entschiedener die Schranken der alten Kunsttradition inne als selbst
die chaldäiseh-babylonischen Thonstiffcmosaike zu Wurka u. a. a. 0.

Persien, Judäa, Phönikien.

Die persischen Monumente von Murgaub und Istakir zeigen
uns einen zweiten Uebergang zur Steinmauer.

Sie waren wie ihre assyrischen Vorbilder aus luftgetrockneten
Ziegeln aufgeführt, aber von ihren Mauern haben sich nur ihre
marmornen Eckverstärkungen und einige Thür- und Fenster-
pfosten, sowie monolithe Nischen erhalten, die noch unverrückt
am Platze stehen und das Allignement der verschwundenen Mauern
genau bezeichnen.

Die ornamentale Behandlung aller dieser Theile ist noch die
altassyrische Teppichverkleidung, aber hier sind es nicht mehr
flache Steingetäfel, sondern Hausteine von ungeheuren Aus-
messungen, genau gefügt, oft sogar Monolithe, die erstere ver-
treten. Und bei dieser Massenhaftigkeit, ja im Widerspruche mit
letzterer, verräth sich dennoch an ihnen ganz deutlich ihre Ab-
kunft und ihr Vorbild; denn sie sind Bruchstücke einer Art von
steinernen Rahmenwerks, innerlich ausgefälzt und hohlgearbeitet,
um die Erdmauer in sich aufzunehmen, die sie zu beschützen und
zu stärken bestimmt waren.

Ich berühre nur vorübergehend die unklaren Beschreibungen
des mosaischen Tempels und seiner aus abwechselnden Quader-
schichten und Holzfriesen zusammengefügten Mauern, die einen
weiteren Schritt zur Quaderstruktur der Wände zu bezeichnen
scheinen. Die syro-phönikische Vorliebe für gewürfeltes und um-

1 Die Unterbaue kommen hier nicht in Betracht, hinblicklich dessen, was
hierüber in dem vorigen Hauptstück bereits vorausgeschickt wurde.
 
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