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Sieglin, Ernst von; Watzinger, Carl [Hrsg.]; Schreiber, Theodor [Hrsg.]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 2,1B): Malerei und Plastik — Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.27682#0068
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FRAUENKÖPFE

Oval des Gesichts ist etwas emporgerichtet und nach der linken Schulter ein wenig
gedreht und geneigt. Die leicht angedeuteten Strähnen des über der Stirnmitte durch-
gescheitelten Haares sind über die Ohren weg nach hinten genommen und im Nacken
zu einem Knoten zusammengefasst. Um das Haar liegt ein runder Reif, der unter
dem Haarknoten verschwindet; auf dem Oberkopf, gleich hinter dem Reif ein kleines
Bohrloch von 1,5 cm Tiefe und 0,6 cm Dm. (für einen Meniskos?). ln der Mund-
spalte und den inneren Augenwinkeln Spuren von roter Farbe.

24. Frauenkopf. Früher Sammlung Reinhardt. Stuttgart Inv. 22. Tafel VI 3 und
Vi. Weisser, grosskörniger durchscheinender Marmor. H. 11 cm, Gesichtsh. 6,7 cm.

In Halshöhe (modern?) gerade abgeschnitten. An der rechten Seite aus-
gebrochen. Hinterkopf schräg abgeschnitten mit gerauhter Fläche (für Ergänzung
im Stuck); rechte Nasenhälfte bestossen. Der ganz wenig emporgerichtete und etwas
nach seiner rechten Schulter geneigte Kopf zeigt fleischige Wangen mit etwas zurück-
fliehender linker Gesichtshälfte und kleiner gebildetem, rechtem Auge, das auch etwas
tiefer sitzt als das linke. Die weichen, nur angedeuteten Strähnen des Haares, das
über der Stirn gescheitelt ist, sind tief über die Ohren nach hinten genommen.
Hinten fiel das Haar lang in den Nacken. In den Vertiefungen des Haares, den Mund-
und Augenwinkeln deutliche Spuren roter Farbe.

Die frühalexandrinischen Köpfchen Nr. 22—24 stehen in ihrer Formgebung
der praxitelischen Kunst des 4. Jahrhunderts noch näher als die folgenden und sind
daher hier zusammengenommen. Mit Nr. 2 2 ist der Kopf der Aphrodite in München
(Brunn-Bruckmann, Denkmäler 372) in der Anordnung des Haares, der Form des
Mundes und dem Umriss des Untergesichts zu vergleichen. Das Köpfchen hat nichts
Porträthaftes -und könnte von einer Aphroditestatuette stammen. Der Kopf Nr. 23
mit dem Reif im Haar trägt dagegen deutlich individuelle Züge; sowohl in dem
schlanken Oval des Gesichtsumrisses und dem feinen Schwung des Mundes, wie in
der persönlichen Charakteristik stellt er sich neben den Mädchenkopf aus Kyzikos
in Dresden (Brunn-Bruckmann, Denkmäler 3 90), den sog. Kopf der Methe in München
(ebenda 1 25) und den weiblichen Kopf auf nicht zugehöriger Büste im Palazzo Pitti
(E. A. 2 3 2/3 3)1, die auch alle drei sich durch ihre besondere Binden- und Haubentracht

1 Vgl. zu diesen Köpfen Arndt, Festschrift für Overbeck 98 und Text zu E. A. 232/3;, der sie als nachpraxite-
lisch bezeichnet, und M. Bieber, Jahrbuch 1923/24 XXXVIII/IX 263, die sie bestimmter in den Kreis der Söhne des
Praxiteles versetzt. Zu dem von ihr noch herangezogenen Kopf im Lateran (E.A. 2250/51), der nicht gleichartig ist, vgl.
unten zu Nr. 37.
 
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