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Simson, Otto von
Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock besonders der Medicigalerie des P.P. Rubens — Leipzig, Strassburg, Zürich: Heitz & Co., 1936

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II. Die antike Allegorie in ihrem Verhältnis zum Menschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.63507#0029
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eigentümlichen Spannung, die der Grieche bis zur klassischen
Zeit nicht gekannt hat. In dem großen Schüler des Aristoteles
tritt der Mensch der späten Antike zum ersten Mal gleichsam
als weltgeschichtliche Potenz in Erscheinung. Nach seiner Rück-
kehr aus Indien (324) forderte Alexander von den griechischen
Städten, ihn unter die Götter ihrer Gemeinwesen aufzunehmen.
Unter den Gestalten der olympischen Götter hat man ihn immer
wieder dargestellt. Ich erinnere hier nur an sein Statue, die
beim großen Tempel in Olympia stand und den König unter der
Gestalt des jugendlichen Zeus abbildete.1 2 3 *) Seit Alexander dem
Großen hat man Gestalt und Wesen von Göttern immer sorg-
loser mit denen eines Herrschers verschmolzen, auch dort wo
dessen Persönlichkeit dies weniger rechtfertigte als die des
Welteroberers. Ein späthellenistisches Relief zeigt Herakles, den
Adler erschießend, welcher den Prometheus quält; Herakles
trägt die Züge des Mithridates. Unter den Gestalten der Sage
ist hier schon bewußt auf ein politisches Ereignis angespielt,
die Mythologie auf Eigenschaften und Inhalt hin abgezogen und
ausgedeutet: Mithridates VI. Eupator (88—85) soll hier als Be-
freierKleinasiens von den römischen „Adlern“ gefeiert werden?)
Schon in griechischer Zeit finden wir also auf Denkmälern
das eine Merkmal der Allegorie dargestellt: die Uebertragung
der symbolischen Form in eine ursprünglich heteronome
Sphäre, die Umwandlung der Mythologie zu menschlichen
Eigenschaften oder zu Verkörperungen irdischer Verhältnisse.5)
Es ist dies jene Form der Allegorie, welche im Barock und für
unsere Betrachtung so bedeutungsvoll werden wird. — Die
andere, ebenso wichtige Eigentümlichkeit der Allegorie, die
Neigung, Begriffe bildlich darzustellen, fanden wir im grie-

b Vergk Bernoulli, Die erhaltenen Darstellungen Alexanders des
Großen. München 1905.
2) G. Krahmer: eine Ehrung für Mithridates VI. Eupator in Perga-
mon. Jahrb. des arch. Inst. 1925 S. 183 ff.
3) Ein späteres Zeitalter hat dann selbst Homer vergöttert:
Ptolomäus IV. Phüopator errichtete dem Sänger einen Tempel, in dem
seine 7 angeblichen Vaterstädte den Thronenden umgaben. (Aelian. Var.
hist. Lib. XIII. c. 22, bei Piper, Mythologie der christl. Kunst 1847, II. S. 227).

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