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Stuttgarter Mitteilungen über Kunst und Gewerbe — 1904-1905

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Vorwort für Heft 1 und 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.6370#0006
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VORWORT

für Heft 1 und 2.

Es sind -wichtige Fragen, die der Württembergische Kunstgewerbeverein durch seine ausstellung
über künstlerisches Buchgewerbe in "Württemberg aufrollte und nun in seinen Vereinsheften
weiterbehandelt. A Keinem Eingeweihten war es entgangen, dem Kunstgewerbeverein und den am
künstlerischen Buchgewerbe beteiligten Kreisen selbst am allerwenigsten, daß die neuen Kunst-
anschauungen, die anderwärts einen Umschwung im Buchgewerbe hervorgerufen haben, in Stuttgart
nur schüchtern in wenigen Verlags werken Fuß gefaßt hatten. A Aber trotzdem, ja gerade weil die
neue Bewegung in Stuttgart nicht in Fluß zu kommen schien, konnte man es für angezeigt halten,
diese vereinzelten Bemühungen fortschrittlicher Stuttgarter Verleger und in Stuttgart ansässiger
Künstler einmal zusammenzufassen und ein größeres Publikum auf sie hinzuweisen. Eine Ver-
sammlung der buchgewerbetreibenden Vereinsmitglieder, die zusammenberufen wurde, ehe der
Verein an die Ausführung des Vorhabens ging,1 war einstimmig der Anschauung, daß eine zu-
sammenfassende Vorführung der Arbeiten der letzten Jahre die Entwicklung beschleunigen und das
Interesse des Publikums für gute Bücher heben werde. A Namentlich versprach man sich auch
von einer Ausstellung, wie sich schon heute zeigt mit Recht, das Zustandekommen einer engeren
Fühlung zwischen Verlegern und Künstlern. Der tätigen Mithilfe von Künstlern werden ja in
erster Linie gute neue Verlagswerke verdankt; aber trotzdem in Stuttgart eine Reihe von
Künstlern, deren Arbeiten zum Teil Weltruhm genießen, im Buchgewerbe und auf graphischem
Gebiete im weiteren Sinne tätig sind, war bis jetzt nur selten die Gelegenheit wahrgenommen worden,
sie dem Stuttgarter Verlag dienstbar zu machen. Den graphischen Künsten der Lithographie, dem
Holzschnitt und der Radierung, die heute durch die photochemischen Reproduktionsverfahren aus
dem Buchgewerbe nahezu verdrängt sind, sollte darum besondere Beachtung geschenkt, sie sollten,
da sie eben im Buch selbst kaum eine Stelle mehr hatten, auch in Einzelblättern, selbst wenn diese
nicht als Buchillustration gedacht waren, vorgeführt werden. A So wurde denn am 12. März 1904
das Programm ausgegeben, das, nachdem nun endlich auch die Vereinsmitteilungen erschienen
sind, nahezu in allen Punkten eingehalten werden konnte.'- Und die Ausstellung, wie die vorliegende
Vereinspublikation über sie, gliedert sich, dem Programm entsprechend, in zwei Hauptteile: das
eigentliche buchgewerbe, fertige Bücher, von Verlegern und Künstlern ausgestellt — in den
oberen zwei Ausstellungsräumen und die Ausstellung graphischer künste. Die letztere
unten im Turmraum — umfaßt Einzelblätter des Hochdrucks, Tiefdrucks, Flachdrucks und einzelne
Bogen der Mitteilungen mit photochemischen Reproduktionen dieser Blätter. Sie hat durch die
von Herrn Oberstudienrat Dr. Steiff vorgeführte Kollektion von 23 Handschriften und Inkunabeln
württembergischer Provenienz eine Bereicherung von ganz besonderem lokalgeschichtlichem
Interesse — vergl. S. 52 — und durch die gewählte Kollektion Sr. Exzellenz des Herrn Flügel-
adjutanten v. Baldinger-Seidenberg, Hofmarschall I. Kaiserlichen Hoheit der Frau Herzogin Wera
von Württemberg, eine willkommene Erweiterung erhalten. A

Durch die lebhaften Bemühungen der in der Sitzung vom 22. Februar erwählten Vertreter der
Ausstellergruppen, namentlich des Herrn Verlagsbuchhändler Karl Büchle, ging eine sehr große
Anzahl von Stuttgarter Verlagswerken ein, aus der jedoch die jury nur eine verhältnismäßig geringe
Anzahl des Besten ausgewählt hat.3 Da man die Bücher dem Publikum nicht zum Durchblättern
überlassen konnte, und sich darum auf die Vorführung von nur einer oder wenigen Seiten
oder des Einbandes beschränken mußte, konnte die Jury auch Bücher zulassen, die nicht in allen
ihren Einzelheiten, nicht als ganzes Buch, sondern nur in einzelnen Teilen, etwa dem Einband oder
dem Titelblatt, den Anforderungen der Jury entsprachen. Beispielsweise wurde von einem Einband
der Rückendruck vorgeführt,1 trotzdem der Druck auf dem Vorderdeckel als nicht ausstellungsfähig
betrachtet wurde. Herr Professor Dr. Kautzsch, Darmstadt, der die Güte hatte, das Referat über
die Ausstellungsstücke zu übernehmen und dem die Bücher zur Einsicht auf kurze Zeit nach
Darmstadt gesandt wurden, konnte jedoch nicht denselben Eklektizismus walten lassen. Er be-
trachtet in seiner Kritik immer das Buch als Ganzes und findet so, trotzdem es sich um die besten
Werke des Stuttgarter Verlags handelt, mannigfach Gelegenheit zu Aussetzungen. Ich hoffe jedoch,
daß seine freimütige Kritik der einzelnen Ausstellungsstücke, die nun hier folgt, nachdem sein auf
Veranlassung des Vereins am 3. Juli gehaltener Vortrag einen Ueberblick über die ganze buch-
gewerbliche Bewegung gegeben hat, auch ganzes Verständnis finden wird. Nochmals betone ich,
daß es sich um die besten Werke des Stuttgarter Verlags handelt und daß auch nach Ansicht
der Herren Verleger kein Werk von künstlerischer Bedeutung übersehen wurde. Der Liberalität
der Aussteller sei auch hier der verbindlichste Dank des Vereins gezollt. A

1 Die Sitzung fand am 22. Februar statt und war von 20 Herren besucht. Eingeladen waren sämtliche mit dem Buchgewerbe
in Beziehung stehenden Vereinsmitglieder, soweit sie der Schriftleitung bekannt sind. Da die Liste zum erstenmal aufgestellt
wurde, ist es möglich, daß jemand vergessen worden ist; Angaben zur Vervollständigung des Verzeichnisses nehme ich gerne
entgegen. Etwaige in Betracht kommende Nichtmitglieder zuzuziehen wurden die Vertreter der einzelnen Ausstellungsgruppen
beauftragt, 2 Nicht ausgeführt werden konnte die Absicht, drei Druckpressen aufzustellen, die die drei verschiedenen Druck-
verfahren vorführen sollten. Ebenso wurde die Auswahl historisch bedeutender Holzschnitte, Kupfer- und Steindrucke aus
den Sammlungen des K. Kupferstichkabinetts und des Herrn Max Seeger, da der Raum etwas knapp wurde, nicht ausgestellt.
Diese Kollektionen, die auch inhaltlich den Rahmen der Ausstellung überschritten hätten, konnten um so eher entbehrt werden,
da die Sammlungen des K. Kupferstichkabinetts ja durch dessen Direktion in viel größerer Ausdehnung und unter besseren
Umständen, als es im Kunstgewerbeverein möglich gewesen wäre, dem Publikum zugänglich gemacht werden, und da Herr Max
^eeger im Dezember eine Sammlung, die die Entwicklung des Steindrucks erläutert und Produkte seiner Firma vorführt, in den
Ahw'nSräumen ausste"en wird. Herr Professor Kräutle hatte die Freundlichkeit, die Vorlagen für die unserem Heft 2 beigegebenen
bbildungen nach Laage, der sich an der Ausstellung nicht beteiligte, dem Verein zur Reproduktion zu überlassen, wofür
ich auch hier Dank sagen möchte, ar :i Alles in allem sind 559 Nummern ausgestellt und es scheint nichts von Bedeutung übersehen
worden zu sein, sr t Schon aus dieser Anführung läßt sich die Größe der Arbeit bemessen, die die Vereinsjury sich auferlegte.
 
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